Großflughafen Schönefeld: Taube Ohren

Das BER-Debakel legt auch das Kräfteverhältnis der drei Eigentümer offen: Vor allem beim Schallschutz fühlt sich Brandenburg von Berlin und dem Bund alleingelassen.

Ruhiges Wohnen sieht anders aus Bild: dapd

Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Brandenburger Landtag findet deutliche Worte: „Die brandenburgischen Vertreter im Aufsichtsrat werden von Berlin und dem Bund als zu vernachlässigende Größe betrachtet. Das ist befremdlich und nicht hinnehmbar“, sagte Axel Vogel nach der Aufsichtsratssitzung der Flughafengesellschaft vor zehn Tagen. Bei der Sitzung hatten sich die Aufsichtsratsmitglieder von Berlin und dem Bund gegen Brandenburg gestellt, das eine strengere Umsetzung des Schallschutzes gefordert hatte – 90 Prozent der vom künftigen Fluglärm betroffenen Haushalte liegen nach Schätzungen der Flughafengesellschaft in Brandenburg.

Zwar hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Mitte Juni Nachbesserungen beim Lärmschutz angeordnet. Nun jedoch soll die Flughafengesellschaft, so der Aufsichtsrat, alle juristischen Mittel gegen diese Anordnung ausschöpfen. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sprach von fast 600 Millionen Euro Kosten, die der zusätzliche Schallschutz kosten würde – so viel sehe das Budget aber nicht vor.

Die Auseinandersetzung um den Schallschutz macht die Interessenkonflikte zwischen den drei BER-Anteilseignern besonders deutlich – doch der Schallschutz ist nicht der erste Streitpunkt zwischen den Flughafen-Eigentümern. „Probleme gab es von Anfang an“, sagte Kerstin Kaiser, Fraktionsvorsitzende der Linken im Brandenburger Landtag, zur taz. „Schönefeld war sachlich die falsche Standortwahl – aber der Bund sperrte sich damals gegen Sperenberg“, so Kaiser. Sie ist außerdem der Ansicht, dass Berlin und der Bund mehrere Beschlüsse des Brandenburger Landtages ignorierten, die sich für einen verbesserten Schallschutz einsetzten: „Ich bin richtig sauer über diese Haltung.“ Sie hoffe darauf, dass beide Anteilseigner zu der Einsicht kämen, dass man nicht auf Kosten der AnwohnerInnen handeln könne. „Der Erfolg vom BER hängt von der Akzeptanz in der Umgebung ab.“

In Berlin will man von zunehmenden Spannungen zwischen den BER-Eigentümern nichts wissen. „Divergierende Interessen gibt es immer“, sagte Senatssprecher Richard Meng der taz. „Aber gerade jetzt rücken wir noch enger zusammen.“ Meng verteidigt auch das Angehen gegen den Lärmschutz: Auch bei einer sechsmaligen Überschreitung des Maximallärmpegels wäre der Lärmschutz weitaus besser als noch für die AnrainerInnen in Tegel. Den OVG-Beschluss nennt Meng „absurd“, weil dieser völlig neue Standards setze: „Wenn wir dem folgen, könnten wir bald keine Autobahn mehr bauen.“ Meng hielt sich allerdings bei der Frage bedeckt, ob Berlin noch einmal Geld für den Schallschutz vor allem der Brandenburger Haushalte nachlegt: „Nichts ist ausgeschlossen.“ Zunächst gelte es aber, eine Klage gegen den OVG-Beschluss abzuwarten.

Aus der Brandenburger Staatskanzlei heißt es von der stellvertretenden Regierungssprecherin Gerlinde Krahnert: „Wir haben uns schon manchmal gewünscht, dass die Mitgesellschafter mehr Sensibilität für die Anwohnerinnen und Anwohner entfalten würden.“ Generell stimme der Aufsichtsrat in Fragen des Kerngeschäfts jedoch überein.

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU in Berlin, Oliver Friederici, äußerte gegenüber der taz Verständnis für die Brandenburger Haltung. „In Brandenburg sitzt ja nun mal ein Großteil der Betroffenen.“ Sollte das Geld der Flughafengesellschaft für die Schallschutzmaßnahmen nicht reichen, müsse sich auch Berlin an einer Finanzierung der Zusatzkosten beteiligen.

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