Großprojekt in der Lüneburger Heide: Ein leckes Schiff

Das dampferähnliche neue Hauptgebäude der Leuphana Universität wird trotz Kostenexplosion gebaut. Die Kritik an Vizepräsident Keller wächst jedoch.

Kleine Uni mit großen Ambitionen: so soll das neue Hauptgebäude der Leuphana aussehen, doch schneller als der Rohbau wachsen die Kosten. Bild: dpa

In diesen Tagen sollte die Eröffnungsfeier steigen, doch noch steht nicht einmal der Rohbau. An dem Hauptgebäude der Universität Lüneburg wird aber unverdrossen gebaut, trotz erheblicher Planungsfehler und Kostensteigerungen. „Der point of no return ist überschritten“, sagt der Sprecher der niedersächsischen Wissenschaftsministerin Gabriele Heinen-Kljajic (Grüne). Ein sofortiger Baustopp und eine Umplanung seien nicht wirtschaftlich.

Denn dann könnten unter anderem EU-Fördermittel in Höhe von 10 Millionen Euro verfallen. Und so steht das Land zu dem auf derzeit 94 Millionen Euro veranschlagten Prachtbau des Architekten Daniel Libeskind und zum Chefplaner Holm Keller, Vizepräsident der Universität. Der Haushaltsausschuss des Landes wird voraussichtlich noch im Mai den Landesanteil von 21 Millionen Euro freigeben.

Als Stiftungsuniversität darf die Uni Lüneburg selbst als Bauherrin auftreten, eine Freiheit, die sie beim Bau ihres neuen Hauptgebäudes auch voll nutzte. Alle Planungen gehen über den Tisch von Vizepräsident Keller – auf eine externe Projektsteuerung verzichtete die Uni – um Kosten zu sparen.

Das Gegenteil trat ein. Der auf 57,7 Millionen Euro veranschlagte Bau wird nach einem Bericht der Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersachsen vom Januar wahrscheinlich mehr als 90 Millionen Euro kosten, im schlimmsten Fall sogar 125 Millionen Euro – mehr als der gesamte Jahreshaushalt der Universität.

Die OFD bemängelt in ihrem Bericht, dass die Planungen grob unvollständig und intransparent gewesen seien. Über manche der geplanten Anschaffungen ist die OFD erstaunt, etwa über Stehleuchten im Wert von 345.000 Euro, deren Auswahl „mehr nach gestalterischen Gesichtspunkten als nach lichttechnischen Erfordernissen“ erfolgte.

Die europäische Behörde für Betrugsbekämpfung (OLAF) hatte sogar Subventionsbetrug gewittert. Im Abschlussbericht vom April 2013 heißt es: „Bei der Vergabe der öffentlich ausgeschriebenen Planungsleistungen wurden die Regeln des Vergabeverfahrens nicht eingehalten.“ Ein Vertrag mit Libeskind sei freihändig vergeben worden. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen gegen Keller vor zwei Wochen jedoch eingestellt. Das kommentierte Uni-Präsident Sascha Spoun mit den Worten: „Die Hexenjagd ist vorbei.“

Nicht ganz. Der Allgemeine Studierendenausschuss der Universität forderte den Senat erneut auf, angesichts der Kostenexplosion ein Abwahlverfahren gegen Keller einzuleiten. Die Lüneburger Linke schloss sich an. Dass Keller abgewählt wird, ist jedoch wenig wahrscheinlich – der von Spoun geführte Senat müsste mit Dreiviertelmehrheit zustimmen.

Sollten die Kosten weitersteigen, könnte es dennoch brenzlig für Keller werden. Aus öffentlichen Quellen und privaten Spenden kommen rund 55 Millionen Euro für den Neubau zusammen. Den Rest muss die Hochschule stemmen. „Wenn der Bau am Ende über 90 Millionen Euro kostet, wird es schwierig für eine mittelkleine Uni“, meint Matthias Möhle (SPD), Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses im Niedersächsischen Landtag. Seine Fraktion hatte bereits beim Wissenschaftsministerium angefragt, ob die Mehrkosten zulasten von Forschung und Lehre gehen könnten. Das Ministerium hatte verneint. „Wirklich beruhigt bin ich nicht“, sagt Möhle.

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