Grüne wollen mehr Reaktorsicherheit: Bundesrat winkt Atomausstieg durch

Acht Akws sollen vom Netz – doch die Reaktorsicherheit tritt in den Hintergrund. Brokdorf könnte bei einem Deichbruch überschwemmt werden, bei Isar 2 ist die Notkühlung unsicher.

War da was? Die Reaktorsicherheit tritt bei Merkels Atompolitik in den Hintergrund. Bild: dapd

FREIBURG taz | Der Bundesrat hat am Freitag dass Ende von acht deutschen Atomkraftwerken besiegelt – nun wollen die Grünen die Sicherheit der verbleibenden neun Reaktoren wieder auf die Tagesordnung bringen.

Ihre Kritik: Die beunruhigenden Ergebnisse des Reaktor-Stresstests vom Mai spielten in der Politik der Bundesregierung inzwischen keine Rolle mehr.

Die neuen Sicherheitsanforderungen, die unmittelbar nach Fukushima erhoben wurden, seien mit dem Ausstiegsgesetz "stillschweigend in der Schublade" verschwunden, so Astrid Schneider, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Energie der Grünen. Regierung und Atomkonzerne lenkten mit der Fokussierung auf die Laufzeiten von den nach wie vor ungelösten Sicherheitsfragen ab – obwohl auch die verbleibenden neun Atomkraftwerke "wesentliche Sicherheitslücken" aufwiesen.

Energiewende: Gestern ist die letzte Hürde für das Energiewende-Paket der Bundesregierung gefallen. Sieben Gesetze hat der Bundesrat zur Kenntnis genommen. Diese betreffen unter anderem den Netzausbau, die Gebäudesanierung sowie den Atomausstieg.

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EEG-Novelle: Größte Hürde war das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das der Zustimmung des Bundesrates bedurfte. Die EEG-Novelle wird im Januar 2012 in Kraft treten und regelt die Vergütung regenerativer Energien für die Stromproduzenten. Von der Finanzierung des regenerativen Stroms wird die Industrie in größerem Stil als bisher befreit, Privathaushalte zahlen voll.

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Ziel des EEG: Die Verdoppelung des Ökostrom-Anteils auf mindestens 35 Prozent bis 2020. Die Konditionen für Windparks auf hoher See werden leicht verbessert. Die Windenergie an Land und die Solarenergie muss keine Förderkürzungen hinnehmen. Bei Biomasse- und Biogasanlagen werden dagegen Fördersätze gekappt. (mat)

Erdbebensicherheit, Notkühlung, Deichbruch

Tatsächlich hatten die Untersuchungen im Mai auch bei den weiterhin laufenden AKWs zum Teil erhebliche Sicherheitsmängel zutage gefördert. Beide Meiler in Gundremmingen – Siedewasserreaktoren wie die in Fukushima – haben bislang keine ausreichenden Nachweise der Erdbebensicherheit erbracht. Den Kraftwerken Grafenrheinfeld, Philippsburg 2 und Grohnde fehlt der Nachweis bestmöglichen Schutzes vor Hochwasser. In Isar 2 bietet die Notkühlung keine ausreichende Sicherheit, bei Emsland ist die Notkühlung nicht von der normalen Kühlwasserversorgung entkoppelt. Das gilt auch für Neckarwestheim 2, das zudem noch erdbebengefährdet ist.

Der Meiler in Brokdorf liegt nur 1,50 Meter über dem Meeresspiegel direkt an der Elbe und ist somit von Überschwemmung bedroht. Ein Hochwasser von 8,15 Metern soll dank des Deiches zu verkraften sein, doch Energieexpertin Schneider bemängelt, dass nie untersucht worden sei, was im Falle eines großflächigen Deichbruchs passiert.

Kerntechnisches Regelwerk nicht verbindlich

Zugleich beklagen die Grünen, dass das neue Kerntechnische Regelwerk noch immer nicht verbindlich ist. Im Jahr 2003 hatte der grüne Bundesumweltminister Jürgen Trittin dieses in Auftrag gegeben, seit nunmehr zwei Jahren ist es fertig, wurde von der Bundesregierung aber noch immer nicht in Kraft gesetzt. Immerhin hat die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg angekündigt, es anzuwenden.

In einem Beschluss der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen heißt es nun: "Wir werden die Bundestagswahl 2013 zu einer Abstimmung über eine beschleunigte Energiewende machen." Im Falle einer Regierungsbeteiligung werde man "die Rahmenbedingungen so ändern, dass das letzte AKW deutlich vor 2022 abgeschaltet wird".

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