Grünen-Politiker Otto zum BER-Debakel: „Die Eigentümer wissen zu wenig“

Der Fluchhafen wird auch 2017 nicht eröffnet: Grünen-Parlamentarier Andreas Otto vermisst Konsequenzen aus dem BER-Untersuchungsausschuss.

Die Vögel hinterlassen ihre Spuren auf den Tafeln im Terminal. Ansonsten fliegt nichts am BER. Foto: dpa

taz: Herr Otto, am Wochenende wurde bekannt, dass der BER auch 2017 nicht eröffnen wird. Dieses Mal liegt es offenbar an 1.200 Türen, die neu verkabelt werden müssen, weil sie im Brandfall sonst nicht richtig schließen würden. Der Brandschutz also, mal wieder. Überrascht Sie das?

Andreas Otto: Ja, das finde ich schon ein wenig überraschend. Nach 2012, als der Eröffnungstermin zum zweiten Mal geplatzt war, hatte es immerhin eine umfangreiche Bestandsaufnahme und Neuplanung der Sicherheitstechnik gegeben. Danach hätte man davon ausgehen können, dass so etwas wie die Türen eigentlich funktionieren müsste.

ist baupolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Er war außerdem am BER-Untersuchungsausschuss beteiligt, der im Sommer 2016 seinen Abschlussbericht vorlegte.

Sie tun es nicht. Inzwischen liegt die Gesamtkostenschätzung für den BER bei 6,5 Milliarden Euro. 17 Millionen Euro im Monat kostet die Bauruine die gemeinsamen Anteilseigner Berlin, Brandenburg und den Bund. Wofür eigentlich jeden Monat so viel Geld?

Das sind ganz profane Dinge: Strom, Wasser, Gas. Der Wachschutz für das Gelände. Zum anderen sind viele Bauteile nach fünf Jahren auch verschlissen: Die Software für die Gepäckförderung wird von der Firma nicht mehr angeboten. Die Beleuchtung musste teilweise ausgetauscht werden, weil die Leuchtstofflampen irgendwann verbraucht waren. Hinzu kommt natürlich auch ein ganzer administrativer Apparat inklusive Geschäftsführung, die Flughafengesellschaft, die bezahlt werden muss.

Im Bericht des BER-Untersuchungsausschuss, bei dem Sie auch beteiligt waren, wurde insbesondere die mangelnde Fachkompetenz im Aufsichtsrat und der dürftige Austausch der unterschiedlichen Gremien untereinander kritisiert. Sehen Sie da inzwischen Fortschritte?

Wir hatten im U-Ausschuss oft das Gefühl: Die Eigentümer wissen zu wenig. Ich denke, es war ein Fortschritt, dass der Regierende Bürgermeister Michael Müller, der ja auch BER-Aufsichtsratschef ist, mit Engelbert Lütke-Daldrup einen Sonderbeauftragten mit einem eigenen Stab eingerichtet hatte. Aber offenbar ist auch dieser Stab nicht ausreichend im Bilde. Ich denke, man muss nun darüber nachdenken, noch mehr externes Know-how in den Aufsichtsrat zu holen. Es verlangt ja keiner von Herrn Müller, dass er täglich über die Baustelle läuft, aber ein Eigentümer muss verstehen, was auf seinem Bau los ist.

Nach der fünften Absage eines Eröffnungstermins für den neuen Hauptstadtflughafen sind am Montag die Eigentümer der Betreibergesellschaft zusammengekommen. Die schon länger geplante Gesellschafterversammlung tagte am Nachmittag beim Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Roten Rathaus. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach von einem "klaren Rückschlag für das Projekt". Brandenburgs Flughafen-Koordinator Rainer Brettschneider versicherte, wegen der neuerlichen Verzögerungen seien keine zusätzlichen Steuergelder nötig. "Wir sind überzeugt, dass die Kosten der Verzögerung im Puffer der Finanzierung drin sind." Für den Flughafen haben die Eigner Bund, Berlin und Brandenburg bislang 6,5 Milliarden Euro bereitgestellt. (dpa)

Glauben Sie an einen Eröffnungstermin 2018?

Wir müssen jetzt erst mal den auch im Koalitionsvertrag festgehaltenen Risikobericht abwarten, den das Parlament von der Gesellschafterversammlung hoffentlich noch dieses Frühjahr bekommt: Welche Risiken gibt es noch, wie sieht jetzt ein realistischer Zeitplan aus. Dann wird der BER auch sicher Thema in den parlamentarischen Ausschüssen sein, die sich jetzt konstituieren.

So richtig empört sich niemand mehr über die neuerliche Verzögerung – trotz dieser immensen Geldsummen, um die es da geht. Der allgemeine Verdruss bei dem BER-Thema: Sträflich oder verständlich?

Tja, der Mensch gewöhnt sich an alles. Aber wenn Sie sehen, was man mit dem Geld machen könnte, ist das schon schlimm.

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