Grüner Ströbele über Koalitionsaussage: "Wir kommen in Erklärungsnot"

Der grüne Bundestagsabgeordnete Ströbele ist gegen eine Koalitionsaussage im Wahlprogramm. Eine Koalition mit der FDP, wie sie sich im Moment präsentiert, sei undenkbar.

"Als Perspektive wäre Rot-Rot-Grün eine Variante": Hans-Christian Ströbele. Bild: dpa

taz: Herr Ströbele, sollen die Grünen vor der Wahl erklären, dass sie mit SPD und FDP regieren wollen?

Christian Ströbele: Nein, wir sollten uns weder im Wahlprogramm noch auf dem Parteitag auf eine Koalition festlegen.

Warum denn nicht? Die Ampel ist doch, wie es aussieht, die einzige Regierung, an der die Grünen mitwirken können. Warum wollen Sie das den Wählern verschweigen?

Hans-Christian Ströbele ist stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Grünen.

Es geht nicht um Verschweigen. Jeder Grüne kann kundtun, welche Regierung er für möglich oder wahrscheinlich hält. Aber ein Parteitagsbeschluss für eine Koalition mit der FDP würde eine Eigendynamik entfalten. Wir würden uns im Wahlkampf den Verdacht einhandeln, unsere Ziele - Atomausstieg, Mindestlöhne, Anhebung von Hartz IV oder die Enteignung von wüsten Spekulanten - nicht ernst zu meinen. Wir würden an dem gemessen, was die FDP derzeit vertritt - nämlich in wesentlichen Zielen das glatte Gegenteil. Die Leute fragen mich heute schon wegen dieser Ampeldebatte auf Veranstaltungen, ob wir grüne Ziele aufgeben. Wir kommen in echte Erklärungsnot, wenn wir uns darauf per Parteitagsbeschluss festlegen.

Soll das heißen, eine Ampel würde gar nicht funktionieren?

Mit der FDP, wie sie sich im Moment präsentiert - nein.

Wäre eine Festlegung der Grünen auf ein Ampelbündnis nicht trotzdem eine elegante Art, die Jamaika-Option - also das Bündnis mit Union und FDP - vom Tisch zu wischen?

Es gibt für Jamaika keine inhaltliche Grundlage. Aber wer will, soll bei den Grünen darüber diskutieren. Wichtig ist mir: Wenn die Grünen sich offiziell auf eine Ampel festlegen, verlassen sie das linke Lager. Das ist falsch. Denn auch für 2009 bahnt sich so etwas wie ein Lagerwahlkampf an. Wenn wir jetzt ein Bündnis mit der FDP beschließen, erwecken wir den Eindruck, nicht mehr zu diesem Lager zu gehören.

Aber eine Festlegung auf die Ampel würde auch FDP-Wähler irritieren. Wäre es nicht clever, denen zu signalisieren: Wenn ihr Westerwelle wählt und denkt, ihr bekommt Schwarz-Gelb, dann täuscht ihr euch. Stattdessen bekommt ihr Trittin und Ströbele.

Ach, mit solchen taktischen Winkelzügen gewinnen die Grünen doch keine Stimmen. Mit der FDP haben wir einen Wähleraustausch von einem Prozent.

Der taktische Vorteil einer Festlegung auf die Ampel wäre, FDP-Wähler so zu verunsichern, dass sie zur Union gehen. Damit in der Ampel die Grünen stärker als die FDP werden.

Mag sein. Es geht jetzt aber darum, Schwarz-Gelb zu verhindern. Wenn die eine Mehrheit bekommen, dann erledigen sich auch solche taktischen Finten.

Was ist mit Rot-Rot-Grün?

Ich will aus der linken Mehrheit bei den Wahlen eine Regierungsmehrheit machen. Das ist schwierig, auch weil die Linkspartei sich noch finden muss. Aber als Perspektive wäre Rot-Rot-Grün eine Variante.

Wenn die Grünen sagen: Ampel geht nicht, Jamaika gar nicht, Rot-Rot-Grün vielleicht irgendwann - dann heißt das übersetzt: Wer Grün wählt, wählt Opposition. Auch keine zündende Botschaft.

Nach der Wahl werden die Karten neu gemischt. Dann muss man mal sehen, wie flexibel die anderen Parteien sind. Und in welcher Koalition ohne unerträgliche Zumutungen grüne Ziele durchsetzbar sind.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.