Güterverkehr in Schweden: Lastwagen mit langer Leitung

Was kann man fürs Klima tun, wenn das Bahnnetz zu dünn ist? Schweden hat eine Antwort: Lastkraftwagen elektrifizieren.

LKWs auf einer Raststätte

Von Elektroantrieb noch keine Spur: Lkw-Massentreffen auf der Autobahn-Raststätte Michendorf (Brandenburg) Foto: dpa

STOCKHOLM taz | Auf der E 16 westlich von Sandviken in der schwedischen Provinz Gävleborgs hat der Probebetrieb begonnen. Zur feierlichen Einweihung am 22. Juni schickt die Regierung mit der Infrastrukturministerin und dem Energieminister gleich zwei Repräsentanten aus Stockholm. Schließlich geht es um ein Projekt, das sich „erste Stromstraße der Welt“ nennt.

Noch ist die zwar nur bescheidene zwei Kilometer lang. Doch wenn es nach Plan geht, pendeln in einigen Jahren elektrisch angetriebene Lastwagen zwischen den Industrieorten in der Provinz Dalarna und dem Ostseehafen von Gävle. Ihren Strom beziehen sie über Stromabnehmer aus einer Oberleitung. „Leise und ohne Abgase“, schwärmt Projektleiter Magnus Ernström. Und „mit einer Technik, die sowohl für das Klima als auch für die Wirtschaftlichkeit Vorteile haben wird“.

Elektromobilität im Schwerlastverkehr ist angesichts der gegenwärtigen Batterietechnik vor allem für längere Strecken nur über stetige Stromzufuhr realistisch. Für die Demonstrationsstrecke setzt man auf eine altbewährte Technik: Vorbild sind die alten Oberleitungsomnibusse, die man in Schweden schon 1964 ausrangiert hatte. Inzwischen ist im südschwedischen Landskrona allerdings wieder eine neu eingerichtete Trolleybuslinie in Betrieb.

Auf der Teststrecke können im kommerziellen Betrieb eingesetzte Hybrid-Lkws automatisch auf Dieselbetrieb umschalten, wenn sie beim Überholen den Kontakt mit den Oberleitungen verlieren. Die Technologie stammt von dem deutschen Konzern Siemens, der den auf zwei Jahre angelegten Test auch gemeinsam mit dem Lkw-Hersteller Scania und der schwedischen Straßenverkehrsbehörde Trafikverket finanziert.

Zehn Millionen Euro soll er kosten. Gut angelegtes Geld, meint Anders Berndtsson, Forschungs- und Entwicklungskoordinator bei Trafikverket. Der Straßenverkehr verursache insgesamt mehr als ein Drittel des schwedischen CO2-Ausstoßes, fast die Hälfte davon stammt aus dem Güterverkehr. Das relativ weitmaschige Eisenbahnnetz des Landes hätte nicht die Kapazität, größere Teile dieser Transporte zu übernehmen.

Fossilfreier Güterverkehr

In „Effektivierung und Elektrifizierung“ sieht auch der schwedische Naturschutzverband Naturskyddsföreningen die besten Chancen, den Güterverkehr baldmöglichst „fossilfrei“ zu machen: Dieses Ziel will man bis 2030 erreichen.

Eine Elektrifizierung „relevanter Teile“ des schwedischen Fernstraßennetzes, nämlich 7.500 bis 9.000 Kilometer, soll für 15 bis 20 Milliarden Euro zu haben sein – das wäre etwa so viel, wie zwei bis drei Stuttgart-21-Bahnhöfe kosten. Für Verbindungen zwischen den Elektrostraßen, kürzere Strecken und den Stadtverkehr könnte man nach diesem Konzept auf Batteriebetrieb zurückgreifen.

Die Erfahrungen mit dem Testbetrieb sollen auch klären, ob wirklich ein Oberleitungsbetrieb die beste Lösung ist. Er ist die am meisten erprobte, aber auch die teuerste Alternative, meint etwa Gunnar Asplund. Er betreibt mit seiner Firma zusammen mit der schwedischen Post derzeit einen Versuch mit Elektro-Lkws, bei der die Stromübertragung mit konduktiver Technik über eine in der Straße eingelassene Schiene erfolgt – das Prinzip der Spielzeugautorennbahnen. Und in Göteborg ist eine Versuchsstrecke geplant, bei der Busse ihren Betriebsstrom über induktive Ladung erhalten sollen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.