Gutachten der Staatsanwaltschaft: Mappus verpulverte Millionen

Der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, hat bei seinem EnBW-Deal 780 Millionen Euro zu viel bezahlt.

Freigiebig: Stefan Mappus Bild: dpa

FREIBURG taz | Der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat vor drei Jahren beim Kauf von Anteilen des Energieversorgers EnBW fast 780 Millionen Euro Steuergeld verpulvert. Das geht aus einem Wertgutachten hervor, das der Münchener Finanzwissenschaftler Wolfgang Ballwieser für die Staatsanwaltschaft Stuttgart erstellte.

Die Behörde ermittelt gegen Mappus wegen des Verdachts der Untreue zulasten des Landes; sie wird das neue Gutachten in die strafrechtliche Beurteilung des Vorfalls einfließen lassen.

Mappus hatte ein Vierteljahr vor seiner Abwahl im März 2011 der überraschten Öffentlichkeit einen Deal präsentiert, den er zusammen mit seinem Jugendfreund, dem damaligen Deutschland-Chef der Investmentbank Morgan Stanley, Dirk Notheis, vorbereitet hatte: Für 4,67 Milliarden Euro übernahm das Land 45 Prozent der EnBW-Aktien vom französischen Atomkonzern EdF. Die Landeskasse musste 41,50 Euro je Aktie für die Papiere bezahlen, die zuvor rund 35 Euro wert waren.

Gleichwohl sprach Mappus bei der Verkündung des Deals von einem „ausgesprochen fairen Preis“. Andere sahen das anders, und so nahm bald die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf, in deren Verlauf auch Geschäftsräume und Wohnungen – unter anderem das Wohnhaus des CDU-Politikers – durchsucht wurden. Mappus-Kumpel Notheis, der für den Deal eine Millionen-Provision in Rechnung stellte, steht im Verdacht der Beihilfe zur Untreue.

Wesentlicher Kritikpunkt bei allen Untersuchungen ist der Alleingang Mappus’: Er hatte den Rückkauf des Karlsruher Versorgers im Dezember 2010 am Parlament vorbei eingefädelt und dadurch eine sorgfältige rechtliche und wirtschaftliche Prüfung verhindert. Dieses Vorgehen, so befand der baden-württembergische Staatsgerichtshof bereits im Herbst 2011, sei verfassungswidrig. Allerdings hatte da die Landtagswahl Mappus schon ins politische Abseits befördert.

Weil auch die aktuelle Landesregierung den Kaufpreis als deutlich überhöht erachtet, will sie mittels eines Schiedsgerichts bei der Internationalen Handelskammer die Rückzahlung von 834 Millionen Euro erwirken. Um diesen Betrag nämlich, so hatten Wirtschaftsprüfer bereits 2012 in einem Gutachten im Auftrag des Landes ermittelt, sei der Preis überhöht gewesen.

SPD fühlt sich bestätigt

Nachdem nun das Wertgutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft zu einem ähnlichen Ergebnis kam, sagte gestern ein Sprecher von Finanzminister Nils Schmid (SPD): „Wir fühlen uns in unserem Kurs bestätigt, das Geld für die Steuerzahler in Baden-Württemberg zurückzuholen.“

Mit der politischen Aufarbeitung des Vorfalls ist seit fast zwei Jahren auch ein Untersuchungsausschuss des Landtags befasst. Dieser sollte seine Arbeit zwar noch in diesem Jahr abschließen, doch angesichts des neuen Wertgutachtens und weiterer Akten, die bei der EdF und bei Morgan Stanley in Paris beschlagnahmt wurden, wird das Gremium seine Arbeit 2014 fortsetzen.

Unterdessen belastet der Atomkonzern EnBW Baden-Württemberg. Der Wert der Aktie liegt unter 29 Euro, die 112,5 Millionen Papiere, die das Land erwarb, sind damit aktuell nur noch runde 3,2 Milliarden Euro Wert. Auch die Dividende der EnBW, mit der Mappus die Kredite für den Deal bedienen wollte, ist deutlich gesunken – von 1,53 Euro je Aktie im Jahr 2011 auf zuletzt 85 Cent.

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