Gutachten zu Forschung in Deutschland: Experten fordern Bundesunis

Bildung ist laut Grundgesetz Ländersache. Doch nun fordert ein Gutachterrat, dass auch der Bund Universitäten fördert. Sonst sei die Qualität der Hochschulforschung gefährdet.

Top Forschung, schlechte Bezahlung. Bild: dpa

BERLIN taz | Das Gutachten der sechs Forschungsweisen um den Münchener Innovationsforscher Dietmar Harhoff ist ein Paukenschlag. Die Merkel-Berater loben die deutsche Hochschulforschung ausdrücklich – und warnen gleichzeitig davor, dass die Föderalismusreform von 2006 massive Schäden hervorrufen könne.

„Der Bund muss Hochschulen wieder institutionell fördern“, heißt es in dem Papier, das der taz vorliegt. Die „Expertenkommission Forschung und Innovation“ schlachtet sogar eine heilige Kuh: Sie fordert Merkel auf, einzelne Einrichtungen direkt als Bundesuniversitäten zu fördern. Dafür sei die Änderung des Grundgesetzes nötig. Der Widerstand der Länder ist gewiss.

Bisher gibt es nur eine Universität, die vom Bund regulär mitbezahlt wird: Das Karlsruher KIT, das über die bundeseigene Helmholtzgemeinschaft sein Budget etwa zur Hälfte mit Geld aus Berlin bestreitet. Die Gutachter fordern Merkel nun auf, „die Einrichtung von Bundesuniversitäten ernsthaft zu prüfen.“

Der wesentliche Grund dafür liegt darin, dass das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern die Rahmenbedingungen der Forschung „erheblich verschlechtert“ hat. „International gehören deutsche Universitäten noch nicht wieder zu den angesehensten Forschungsuniversitäten“, heißt es in dem Jahresgutachten wörtlich.

„International nicht konkurrenzfähig“

Die Expertenkommission wurde 2006 eingerichtet, sie erstellt jährlich ein Gutachten für Angela Merkel, das bisher aber immer recht brav ausfiel. Dieses Jahr stehen Lob und Kritik schroff nebeneinander: Die universitäre Forschung wird über den grünen Klee gelobt – etwa mit der erstaunlichen Aussage, dass die deutsche Hochschulforschung beachtliches Niveau habe. „In den Natur-, Ingenieurs-, Medizin- und Agrarwissenschaften näherten sich die Hochschulen mit ihrer Publikationsleistung dem Spitzenniveau der außeruniversitären Max-Planck-Institute an“.

Dennoch bekommt der hochgelobte Bereich nur mittlere Noten, was die Entwicklung anlangt: Die Honorierung der Professoren sei „international nicht konkurrenzfähig.“ Fortschritte in der Finanzierung der Hochschulen wäre erst seit 2008 zu verzeichnen. Das Ungleichgewicht zugunsten der Drittmittelfinanzierung sei unverkennbar.

Das bedeutet: „Die Grundfinanzierung der Hochschulen muss gestärkt werden.“ Das ist die Rote Karte für die Länder, die im Zuge der Föderalismusreform 2006 für sich weiter gehende Rechte beansprucht hatten, nun aber nicht genug Geld haben, um auch international leistungsfähige Unis bekömmlich zu finanzieren.

Die Gutachter, die sich normalerweise um Forschung kümmern, mischen sich diesmal sogar in die Bildungspolitik ein. Sie stellen fest, dass die massenhafte Verrentung von Akademikern unmittelbar bevorstehe. Deutschland sollte daher schnellstmöglich die Hochschulen für Weiterbildungen von Auszubildenden und ältere Arbeitnehmer öffnen.

„Der Innovationsstandort Deutschland droht Schaden zu nehmen, wenn die Bundesregierung es nicht schafft, das deutsche Ausbildungssystem zu verbessern“, warnen die Gutachter. Das Gutachten wurde Angela Merkel am Vormittag übergeben.

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