Gutachten zu Hanau-Attentäter: Schizophren und rechtsradikal

Laut Gutachten für die Bundesanwaltschaft war der Täter von Hanau psychisch krank. Dennoch habe er die rassistischen Morde planvoll vorbereitet.

Die Portraits der Ermordeten mit Blumen am Marktplatz von Hanau

Die Ermordeten von Hanau wurden Opfer eines Rechtsradikalen, der psychisch krank war Foto: Christine Schultze/dpa

HAMBURG afp | Der Attentäter von Hanau litt einem Medienbericht zufolge an einer psychischen Erkrankung, die sich auf fatale Weise mit Rassenwahn vermischte. Es gebe klare Anzeichen für eine paranoide Schizophrenie, berichtete das Magazin Der Spiegel laut Vorabmeldung vom Freitag unter Berufung auf ein Gutachten, das im Auftrag der Bundesanwaltschaft erstellt wurde.

Laut dem forensischen Psychiater Henning Saß sei auf die Geistesstörung eine „rechtsradikale Ideologie“ aufgesetzt gewesen, die „fremdenfeindliche, rassistische und völkische Elemente“ enthalten habe. Die Gedankenwelt des Attentäters sei eine eigentümliche Verschmelzung gewesen, bei der „krankheitsbedingte Fantasien“ und „politisch-ideologischer Fanatismus“ untrennbar verwoben gewesen seien.

Bei der posthum erstellten Analyse habe der Gutachter unter anderem Pamphlete und Videos ausgewertet, die der Attentäter hinterlassen habe. Demnach sah er sich selbst seit Jahren als Opfer einer groß angelegten Verschwörung. Zu den Wahnvorstellungen kamen dem Gutachten zufolge zunehmend ausgeprägter Rassismus und „Fantasien über die Auslöschung ganzer Völker und Kulturen“.

Das Gutachten komme zu dem Schluss, dass der Attentäter massiv in seiner Fähigkeit eingeschränkt gewesen sei, „sich reflektierend mit der eigenen, krankhaft verformten Weltsicht“ auseinanderzusetzen. Trotz eingeschränkter Steuerungsfähigkeit habe er die rassistischen Morde „planvoll“ vorbereitet.

Der 43-jährige Tobias R. hatte am 19. Februar in Hanau aus rassistischen Motiven neun Menschen mit Migrationshintergrund getötet. Nach seinen Angriffen auf Bars und einen Kiosk wurden er und seine 72-jährige Mutter zu Hause tot aufgefunden. Das Attentat löste großes Entsetzen aus.

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Am 19. Februar 2020 erschoss der Rechtsextremist Tobias R. an drei verschiedenen Tatorten in der Hanauer Innenstadt neun Menschen:

Kaloyan Velkov, ermordet mit 33 Jahren.

Fatih Saraçoğlu, ermordet mit 34 Jahren.

Sedat Gürbüz, ermordet mit 30 Jahren.

Vili Viorel Păun, ermordet mit 22 Jahren.

Gökhan Gültekin, ermordet mit 37 Jahren.

Mercedes Kierpacz, ermordet mit 35 Jahren.

Ferhat Unvar, ermordet mit 22 Jahren.

Hamza Kurtović, ermordet mit 22 Jahren.

Said Nesar Hashemi, ermordet mit 21 Jahren.

Später ermordete der Attentäter seine Mutter Gabriele R., 72 Jahre alt.

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Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

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