HIV-Positiver über Welt-Aids-Tag: „Outings sind nicht zu empfehlen“

Sven Hanselmann ist offen HIV-positiv und arbeitet als Krankenpfleger. Für ihn sei alles gut gegangen, sagt er, doch HIV-Positive würden viel zu häufig nicht akzeptiert.

Zu selten gelebt: Symbol für Solidarität mit HIV-Positiven Bild: dpa

taz: Herr Hanselmann, die Bundesagentur für Arbeit wirbt anläßlich des Welt-Aids-Tages mit einer Plakataktion für mehr Akzeptanz von HIV-Infizierten am Arbeitsplatz. Sie sind positiv und arbeiten seit 12 Jahren in der Krankenpflege. Ist es besser für HIV-Infizierte, sich beim Arbeitgeber zu outen?

Sven Hanselmann: Es stimmt zwar, dass ein geouteter Positiver, der am Arbeitsplatz akzeptiert wird, eine Last weniger hat, weil das Geheimnis weg ist. Ich empfehle es trotzdem eher nicht, denn man weiß einfach nicht, wie ein Arbeitgeber reagiert, erst recht nicht im Gesundheitsbereich.

Wie sind Ihre Erfahrungen?

Ich habe 2004 erfahren, dass ich positiv bin, damals war ich in der Ausbildung zur Krankenpflege und ich habe es in der Berufsfachschule meiner Klassenleiterin gesagt. Sie sprang auf, nahm mich in den Arm und meinte: Herr Hanselmann, das schaffen wir.

Toll. Wie reagierte denn die Klinik?

In meiner damaligen Klinik gründeten sie eine Hygienekommission, die kam zu dem Schluss, dass ich überall im Haus arbeiten kann und es keine besonderen Schutzmaßnahmen braucht. Ich hätte auch Blutabnahmen machen dürfen, was dort aber die Ärzte taten. Allerdings sollte ich alle drei Monate meine Blutwerte durchgeben, zu meinem Schutz, um mich nicht auf einer Station mit Hochinfektiösen einzusetzen.

32, ist HIV-positiv, arbeitet als Krankenpfleger in München und berät ehrenamtlich in der Aids-Hilfe.

Das klingt doch gut. Warum soll man sich also nicht outen?

Man muss beim Bewerbungsgespräch nicht sagen, dass man positiv ist. Ich habe von HIV-Positiven gehört, die sich später outeten und kurz nach dem Outing die Kündigung erhielten. Die zogen vor das Arbeitsgericht, man einigte sich dann auf einen Vergleich und ein bisschen Geld. Aber das entschädigt nicht für den Verlust des Arbeitsplatzes.

Reagierten all Ihre Arbeitgeber positiv?

Was meinen jetzigen Arbeitsplatz betrifft, eine Klinik, so will das Krankenhaus nicht, dass öffentlich bekannt wird, wo genau ich arbeite. Aber diese Klinik hat mich eingestellt, obwohl sie wussten, dass ich positiv bin.

Was sagen die Kollegen und die Patienten?

Die Patienten bekommen nicht mit, dass der Pfleger positiv ist, das würde zu starke Ängste auslösen. Unangenehm in Erinnerung ist mir eine Kollegin, die mir ständig Stellenannoncen aus anderen Häusern vorlegte, weil die Arbeit in der damaligen Klinik angeblich doch für mich zu anstrengend sei.

Fällt man als HIV-positiver eigentlich öfter krankheitsbedingt aus als ein Nichtinfizierter ?

Laut Statistik haben HIV-Positive die gleiche Anzahl von Krankheitstagen wie Nichtinfizierte. Ich selbst nehme Medikamente, bin stabil, im Blut ist derzeit kein Virus nachweisbar.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.