HIV-Prävention: Aids-Prävention lässt hoffen

Die Zahlen der Neuinfektionen mit dem HIV- Virus sind so niedrig wie seit zehn Jahren nicht mehr.

Ein Grund zur Freude ist es allemal: Im laufenden Jahr haben sich in Berlin so wenige Menschen mit dem HI-Virus infiziert wie seit fast zehn Jahren nicht mehr. Steckten sich nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) in den Jahren 2005 und 2006 noch jeweils 540 Berliner mit dem Virus an, das die Immunschwäche Aids auslöst, rechnet das Institut für 2011 nur noch mit 420 Neuinfektionen, etwa so vielen wie 2002. Allerdings kann das Institut die Daten teilweise nur von den bundesweiten Infektionszahlen ableiten. Auch hier rechnet das RKI nach Jahren der Stagnation für 2011 erstmals wieder mit einem Rückgang.

Grund für die Verbesserung ist nach Einschätzung der Aids-Hilfe Berlin, dass die zahlreichen Präventionsmaßnahmen immer besser greifen. "Vor allem die Bereitschaft, sich testen zu lassen, hat sich in den letzten Jahren stark verbessert", sagt Jens Ahrens, HIV-Referent der Aids-Hilfe. "Wenn ein Betroffener weiß, dass er positiv ist, sinkt das Ansteckungsrisiko für sein Umfeld enorm." Seit 2008, als Studien die positive Wirkung einer frühen medikamentösen Therapie aufzeigten, ließen sich auch mehr Patienten frühzeitig behandeln. Dadurch sinkt die Ansteckungsgefahr - oftmals leben die Patienten mit einer Aids-Erkrankung noch viele Jahre.

"Wegen der sinkenden Neuinfektionen in der Prävention nachzulassen wäre aber gefährlich", sagt Ute Hiller. Die Geschäftsführerin der Aids-Hilfe ergänzt: "Wir brauchen langfristig einen Dreiklang: ein größeres Angebot an anonymen Tests, eine stabile Präventionsarbeit und eine gute Betreuung der bereits Erkrankten, die eine immer höhere Lebenserwartung haben."

Die Arbeit des rot-roten Senats kritisiert Hillers Verein: Die habe sich häufig auf Lippenbekenntnisse reduziert. Noch immer gebe es in Berlin, wo 14.800 der bundesweit 73.000 Menschen mit HIV leben, keine fest verankerte Präventionsarbeit an den Schulen. Stattdessen habe der Senat das Budget für HIV-Prävention innerhalb der vergangenen zehn Jahre von jährlich 2,6 auf 2,1 Millionen Euro gekürzt. Die neuen Koalitionspartner SPD und CDU wollen sich bisher nicht dazu äußern, welches Budget sie künftig für angemessen halten. Auch die Forderung der Aids-Hilfe, ihr Präventionsprogramm "Schoolwork" zu unterstützen, müsse man erst prüfen, meint der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Thomas Isenberg. Er sagt: "Wir wollen jetzt wichtige Maßnahmen der HIV-Prävention identifizieren und vermehrt Akteure wie die Krankenkassen oder Stiftungen in die Finanzierung einbinden."

Zu einer zentralen Forderung der Berliner Präventionsinitiativen bekennen sich SPD und CDU: In dieser Legislaturperiode soll es laut Koalitionsvertrag eine Kampagne gegen Diskriminierung HIV-positiver Personen in der Arbeitswelt geben, in die auch Jobcenter und Unternehmen eingebunden werden. "Hier besteht großer Handlungsbedarf, immer noch ist eine HIV-Diagnose häufig mit sozialem Abstieg und Isolation verbunden", sagt Ute Hiller. Ihr Verein startet deshalb schon Anfang des Jahres das Projekt "HIV-Positiv am Arbeitsplatz", das Betroffenen helfen soll, den Arbeitsplatz zu halten oder wieder einen zu finden. Vorerst muss das Projekt auf 30 Teilnehmer beschränkt bleiben - finanzielle Unterstützung gibt es erst einmal nur vom Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.