Habemus papam: „Schön, dass ich ihn nicht kenne“

Die Wahl des neuen römischen Oberhirten ruft in Berlin ein geteiltes Echo hervor. Die Heiden mosern, die Katholiken freut’s – und die Argentinier schwanken noch

Viele haben einen Meinung zum neuen Papst... Bild: dpa

"Wenn die Katholiken einen Papst wählen, ist das deren Problem. Der Hype, der darum gemacht wird, wundert mich sehr. Aber das ist der Eventcharakter der Politik – Inhalte spielen immer weniger eine Rolle. Bei diesem Papst wird das besonders deutlich: Niemand weiß bisher, wer er ist und was er will, aber alle interessieren sich für ihn. Ich finde das höchst bedenklich. Wenn sich der neue Papst stärker um die Armen kümmern will, ist das natürlich positiv: Der Reichtum der katholischen Kirche ist eine schiere Provokation."

Johann Albrecht Haupt, Humanistische Union

"Der neue Papst hat sich wie schon der alte herablassend und diskriminierend über Schwule und Lesben geäußert. Wir sind aber bereit, uns positiv überraschen zu lassen, und hoffen auf einen Neuanfang und eine menschenfreundlichere Geschlechter- und Sexualpolitik. In Argentinien ist die gleichgeschlechtliche Ehe immerhin erlaubt.

Jörg Steinert, Lesben- und Schwulenverband (LSVD)

"Für seinen künftigen Dienst im Petrusamt für die Gläubigen, die Kirche und alle Menschen wünsche ich Papst Franziskus Gottes Segen"

Frank Henkel, Katholik, Innensenator und CDU-Landeschef

"Wir haben kurz auf Deutsch miteinander gesprochen. Ich habe ihm gesagt: Sie sind eine große Hoffnung der Welt, auch im Erzbistum Berlin, und ich verspreche Ihnen meine Unterstützung und Solidarität im Gebet. Er hat geantwortet: Ja, das bräuchte er sehr. Vor allem das Gebet."

Rainer Maria Woelki, Kardinal, Erzbischof von Berlin

"Für uns Argentinier in Berlin ist der neue Papst auf jeden Fall interessant, weil die Berliner Politiker von ihm lernen können – zumindest, was bescheidene Auftritte angeht. Die sind ja nicht gerade ihre Stärke. Die argentinische Community vor Ort wird Franziskus allerdings kaum stärken. Wir sind rund 1.000 Argentinier hier in Berlin und zumeist überhaupt nicht religiös. Aber natürlich freuen wir uns trotzdem, dass ein Argentinier Papst geworden ist. Als Kardinal ging er in die Armenviertel und stand dort in Kontakt mit armen Menschen. Aber gleichzeitig polarisierte er mit seinem Protest gegen die Homo-Ehe. Das vergessen die Leute nicht. Auch nicht den Vorwurf, dass er als Jesuiten-Chef mit der Militärjunta kooperiert haben soll. Allein deshalb kämen wir nicht auf die Idee, jetzt zu sagen: „Wir sind Papst."

Pía Castro, geboren in Buenos Aires, ist Moderatorin des spanischen Programms der Deutschen Welle und lebt inzwischen seit 18 Jahren in Berlin

"Die Wahl des Papstes hat mich sehr gefreut. Aber ich hätte mich über jeden neuen Papst gefreut. Und ich finde es schön, dass ich ihn bis jetzt nicht kenne. Der katholische Glaube ist immer noch wichtig, auch in Berlin. Denn christliche Nächstenliebe hat Berlin bitter nötig. Dass der Papst seine Glaubensbotschaft speziell an die Armen gerichtet hat, gefällt mir sehr gut, auch dass er damit nicht nur materielle Armut meint, sondern soziale Armut. Ich habe auch gelesen, dass er mit dem Militärregime sympathisiert haben soll, aber nur weil ein Medium das behauptet, muss es nicht wahr sein. Der Vatikan überlegt sich schon sehr gut, wen sie überhaupt zum Kardinal macht. Auf mich hat er bei seiner ersten Rede einen bescheidenen, väterlichen und liebevollen Eindruck gemacht. Das Papstamt sollte auf keinen Fall abgeschafft werden! Allein schon, weil es so viel Aufmerksamkeit erregt und sich die Menschen überall auf der Welt dafür interessieren. Sogar die taz."

Christoph Zeller, katholisch, Tourist aus dem Rheinland

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