Haftstrafen im Terrorprozess: Versicherung für Qaida abgezockt

Lange Haftstrafen bekamen die Angeklagten des Al-Qaida-Prozesses in Düsseldorf. Dabei bewegten sich die Ermittler bei der Beweisaufnahme in einer rechtlichen Grauzone.

Muss sieben Jahre ins Gefängnis: Ibrahim Mohammed Khalil Bild: ap

DÜSSELDORF taz Wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland in Tateinheit mit versuchtem bandenmäßigen Betrug in 28 Fällen verurteilte das Düsseldorfer Oberlandesgericht die angeklagten Islamisten Ibrahim Mohammed Khalil zu einer Strafe von sieben und Yasser Abou Shaweesh von sechs Jahren Gefängnis.

Ismail Abou Shaweesh, der jüngere Bruder Yassers, erhielt wegen Unterstützung und versuchten Betrugs eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahre. Damit konnte er den Hochsicherheitstrakt als freier Mann verlassen, weil er bereits mehr als zwei Drittel seiner Strafe in der Untersuchungshaft verbüßt hat.

Hauptbeweismittel für das Gericht sei eine akustische Wohnraumüberwachung gewesen, betonte der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling in seiner Urteilsbegründung. Nahezu fünf Monate, von August 2004 bis Januar 2005, war die Mainzer Wohnung des Hauptangeklagten Khalil rund um die Uhr abgehört worden. Der sich mit Gelegenheitsjobs durchschlagende Syrer war dem rheinland-pfälzischen Staatsschutz im islamistischen Spektrum aufgefallen. Auch wenn diese Überwachung in einer "rechtlichen Grauzone" stattgefunden hätte, hielt Richter Breidling die Verwertung des gewonnenen Materials dennoch für "weiterhin verwertbar".

Gleichzeitig machte Breidling deutlich, dass ihm die derzeitige Regelung zur Wohnraumüberwachung zu lasch ist. Der Gesetzgeber solle sie erneut überarbeiten, denn sie stelle "ein eher stumpfes Schwert" dar und sei "nur mit überaus großen Hindernissen durchführbar".

Statt der ursprünglich angesetzten 52 benötigte der 6. Strafsenat 131 Verhandlungstage bis zum Urteil. Über 200 Zeugen und diverse Sachverständige wurden gehört. Scharf attackierte der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling die Anwälte der Angeklagten, die durch eine "Flut von Beweisanträgen" das Verfahren monatelang hinausgezögert hätten.

Allerdings ging es um eine schwierige Frage: Handelt es sich bei den Beschuldigten tatsächlich um drei gefährliche Dschihadisten mit Terrorkontakten bis hin zu Ussama Bin Laden, wie die Staatsanwaltschaft behauptete? Oder doch nur um drei kleine Betrüger und Aufschneider?

Zu Prozessbeginn im Mai vergangenen Jahres jedenfalls stand nur eins nachweisbar fest: dass das angeklagte Trio versucht hatte, das Whos who der deutschen Versicherungswirtschaft abzuzocken. Zehn Verträge über eine Gesamtversicherungssumme von über 1,3 Millionen Euro hatte der staatenlose Palästinenser und Bonner Medizinstudent Yasser Abou Shaweesh bis zu seiner Festnahme im Januar 2005 auf sein Leben abgeschlossen. Etliche weitere Versicherungsanträge liefen noch. Um an die Versicherungssumme von weit über 4 Millionen Euro zu kommen, hatten die Angeklagten geplant, einen tödlichen Verkehrsunfall Shaweeshs in Ägypten zu fingieren. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft, der sich auch das Gericht anschloss, sollte das ergaunerte Geld an al-Qaida gehen. Außerdem habe Yasser Abou Shaweesh nach seinem Untertauchen als Selbstmordattentäter in den Irak reisen wollen.

Die Verteidiger kündigten Revision vor dem Bundesgerichtshof an. Der Lauschangriff sei illegal. Ihre Mandanten hätten freigesprochen werden müssen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.