piwik no script img

Halbjahresbilanz der Deutschen BahnNur noch mit Millionen in den Miesen

Mehr Fahrgäste, weniger Verluste: Die Deutsche Bahn präsentiert kleine Fortschritte. Verkehrsverbände sind dagegen nicht so optimistisch.

Deutsche Bahn: Die Tickets könnten erneut teurer werden Foto: Roberto Pfeil/dpa

Berlin taz | Die Bahnvorstände gaben sich alle Mühe, zu betonen, dass die Bilanzen ihres Unternehmens ein Fortschritt sind. Zwar habe die Deutsche Bahn in der ersten Hälfte dieses Jahres Verluste von 760 Millionen Euro verbucht, nach Ertragsteuern. Im ersten Halbjahr 2024 war die DB AG aber noch 1,6 Milliarden Euro im Minus.

„Wir kommen Schritt für Schritt voran“, sagte Richard Lutz, der Vorsitzende des Bahnvorstands. Der bereinigte Konzernumsatz stieg um 3,4 Prozent auf 13,3 Milliarden Euro. Lutz präsentierte die Halbjahresbilanz der DB am Donnerstag vor Jour­na­lis­t:in­nen zusammen mit Martin Seiler, DB-Vorstand für Personal und Finanzen.

Beide feierten vor allem die Entwicklung der Wirtschaftlichkeit. Die sei erstens der „strikten Kostendisziplin“ zu verdanken. Zweitens mache sich der Personalabbau, vor allem in der Konzernverwaltung, bezahlt. Gleichzeitig stelle die Bahn im Betrieb „massiv ein“, unterstrich Personalvorstand Seiler.

Einen Teil seiner Schulden tilgte der Konzern mit dem Geld, das der Verkauf der Logistiktochter DB Schenker einbrachte. Derweil schreibt die Nahverkehrstochter DB Regio schwarze Zahlen, die DB Fernverkehr sei der Gewinnschwelle nahe. Und die Güterverkehrstochter DB Cargo strauchelt zwar gewaltig – habe aber Umsatzverluste bewusst in Kauf genommen, um sich von unwirtschaftlichen Aufträgen zu verabschieden. Die DB Cargo steht unter Druck, weil die EU-Kommission nur dann staat­liche Beihilfen erlaubt, wenn das Güterverkehrsunternehmen bis 2026 langfristige Rentabilität vorweisen kann.

Immer noch viele Verspätungen

Bei aller Freude gestand Bahnchef Lutz: Die finanzielle Situation bleibe angespannt. Von Januar bis Juni kamen nur 63,4 Prozent aller Züge im Fernverkehr pünktlich. Das sind zwar mehr als im ersten Halbjahr 2024, aber weniger als das, was sich die DB vorgenommen hatte. Schuld an den meisten Verspätungen sei das Schienennetz, das in die Jahre gekommen und störungsanfällig ist. Im vielbefahrenen Teil müsse jede zweite Anlage, die für Betrieb und Pünktlichkeit gebraucht wird, erneuert werden.

Je mehr Menschen Zug fahren, desto besser

Richard Lutz, Chef der DB AG

Doch auch hier bemühten sich die Vorstände um Optimismus. Die Fahrgäste bleiben der Bahn treu: Im ersten Halbjahr 2025 reisten rund 943 Millionen Menschen in Zügen der DB – etwa 24 Millionen mehr als in der ersten Hälfte des vorherigen Jahres. Den Trend wolle die Deutsche Bahn weiterführen und mehr Leute für das klimafreundliche Verkehrsmittel Zug begeistern, sagte Lutz. „Je mehr Menschen Zug fahren, desto besser.“

Allerdings könnten die Tickets, vor allem die sogenannten Flextickets „im Rahmen der Inflation“ noch in diesem Jahr erneut teurer werden, räumte der Bahnchef ein. Und: Wenn die Trassenpreise, eine Art Schienenmaut, weiter steigen, müsse die DB Fernverkehrsverbindungen „in der ganzen Republik“ ausdünnen, mahnte Lutz. Die schwarz-rote Koalition hat sich vorgenommen, das System der Trassenpreise zu reformieren und die Preissteigerungen mit einer Förderung abzufedern. Laut Ex­per­t:in­nen könnte diese Förderung für den Schienengüterverkehr, für die etwa im aktuellen Haushaltsentwurf für 2026 265 Millionen Euro veranschlagt sind, aber knapp werden.

Verkehrsverbände schauen deshalb deutlich kritischer auf die Bahnbilanzen. Wenn Züge zuverlässig pünktlich kommen sollen, müssten „auch Nebenstrecken und vor allem die Stellwerke einen besseren Zustand erreichen“, meint Matthias Kurzeck, Bundesvorsitzender des ökologischen Verkehrsclubs VCD. Der Bund müsse die Finanzierung für Bauvorhaben mindestens für die nächsten zehn Jahre sichern.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob Sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

„Nicht nur ein Verschiebebahnhof“

Mit den Haushalten für 2025 und 2026 sowie dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz stellt die Regierung zwar eine Rekordsumme für die Schiene bereit. Dass dabei jedoch laufende Ausgaben für die Bahninfrastruktur aus dem Verkehrsetat in das einmalige, zeitlich begrenzte Sondervermögen geschoben wurden, findet Kurzecks Co-Vorsitzende Kerstin Haarmann schwierig: „Das ist nicht nur ein Verschiebebahnhof, sondern äußerst unseriös.“ Eigentlich sollte das Sondervermögen zusätzliche Maßnahmen finanzieren.

Und auch der Verband der Güterbahnen, DB-Konkurrenz im Güterverkehr, findet klare Worte. Ohne Hilfen des Bundes müsse die DB zum Insolvenzrichter, sagte Geschäftsführer Peter Westenberger. Jetzt sei der Verkehrsminister gefragt, der eine Eigentümerstrategie für den Bahnkonzern vorlegen will. „Diese Strategie muss viele Fragen beantworten“, meint Westenberger.

Ähnlich sieht das Isabel Cademartori, verkehrspolitische Sprecherin der SPD im Bundestag. „Die Bahn ist immer noch in der Krise“, sagte sie der taz. Es gebe Anzeichen für eine Kehrtwende, die könnten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Züge nur selten pünktlich kommen. Die DB müsse auf mehr und zufriedenere Kun­d:in­nen setzen, während der Bund „seine Steuerungsfunktion stärker als bisher wahrnehmen“ müsse. Auch Cademartori erwartet dafür bald schon Vorschläge des Verkehrsministers.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Reden wir doch nochmal darüber, dass die DB AG Gewinn erwirtschaften muss - weil sie ja ein Aktienunternehmen ist -, die Autobahn AG aber nicht. Beide Unternehmen gehören zu 100% demselben Eigentümer, dem Staat. Wie das rechtskonform sein kann, will mir einfach nicht in den Kopf, und warum noch niemand dagegen geklagt hat, auch nicht.



    Würde man beides mit dem gleichen Maß messen und die Wirtschaftszahlen der Autobahn AG in derselben Breite öffentlich diskutieren wie die der Bahn, würde sicher eine interessante Debatte über Infrastruktur und Daseinsvorsorge entstehen.

  • Na ja, jedes Jahr das gleiche. Ist doch klar, was passieren muss. Dieser Unsinn mit der AG und der daraus folgenden Bilanzierung muss aufhören. Der Bund ist so oder so der einzige Anteilseigner. Also was soll das?



    Wieso muß die DB Gewinn machen?



    Dann müsste man die Infrastruktur vom Schienenverkehr trennen. Dass die Infrastruktur Geld kostet ist ja klar.



    Gerhard Schröder hat diesen Unsinn mit der Bahnreform eingeführt und damit den Niedergang der Bahn beschleunigt.



    Alles für das Auto und die Automobilindustrie.



    Wenn man das nicht ändert, dann wird das nie was.

    • @Surfbosi:

      Das ist völlig richtig - nur wer soll das machen? Die cSDU hat den Mut dazu nicht und die sPD hat -wie immer- keine Meinung. Aber eines dürfte ganz sicher kommen: der Bahnvorstand wird sich diesen Wahsinnserfolg von "nur" 760 Mio belohnen lassen - mit noch höheren Boni als bisher....