Hamburg gibt Steuerüberschüsse aus: Der Herr der Zahlen zahlt

Hamburg erhöht die laufenden Ausgaben und den Doppelhaushalt für die Jahre 2019 und 2020. Vor gut zwei Monaten hatte der Finanzsenator das noch abgelehnt.

Finanzsenator Andreas Dressel gestikuliert bei einer Pressekonferenz.

Darf einen ausgeben: Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel Foto: dpa

HAMBURG taz | Am Anfang kann man nicht alles schon wissen. „Wir bleiben selbstverständlich bei unserem Finanzkonzept“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) am 22. Mai. Da war er erst knapp zwei Monate im Amt und stellte die Mai-Steuerschätzung 2018 vor. Die ging von zusätzlichen Einnahmen von rund 1,2 Milliarden Euro bis 2022 aus, und Dressel stellte vorsichtshalber klar, dass er für weitere Ausgaben keinen Spielraum sieht: „Ausgelöst durch die Schätzung heute werden sich keine neuen Möglichkeiten des Ausgebens ergeben.“

Das klang am Dienstag vollkommen anders. Der Haushaltsplan für das laufende Jahr werde um eine Milliarde Euro aufgestockt, kündigte Dressel an. Die zusätzlichen Mittel fließen vor allem in Bildung, Betreuung, Wissenschaft, Forschung und Innovation.

Unter anderem werden im laufenden Jahr zusätzlich 153 Millionen Euro in die Kindertagesbetreuung gesteckt, 123 Millionen in die schulischen Personalkosten sowie 17 Millionen in die Uni-Sanierung. „Wir müssen das Wachstum unserer Stadt aktiv gestalten und dafür die notwendigen finanzpolitischen Rahmenbedingungen schaffen“, hat Stadtkämmerer Dressel erkannt.

Zudem gibt es in diesem Jahr 110 Millionen Euro zusätzlich für Straßen, Radwege und Busstrecken, erstmals werden 50 Millionen Euro für den geplanten U-Bahn-Ausbau angespart. Die Hafenbehörde HPA wird mit einem Betriebszuschuss von zusätzlichen 120 Millionen ausgestattet, für Polizei, Feuerwehr und Justiz lässt der Herr der Zahlen weitere 65 Millionen Euro springen. Die Zuschläge müssen noch von der Bürgerschaft beschlossen werden.

Der im Dezember 2016 verabschiedete Hamburger Doppelhaushalt sah Ausgaben von jeweils rund 10,5 Milliarden Euro für 2017 und 2018 vor. Die Stadt hielt somit die für 2020 geforderte Schuldenbremse bereits vorzeitig ein.

2017 erzielte die Stadteinen Rekordüberschuss von rund 960 Millionen Euro, teilte die Finanzbehörde im Januar 2018 mit. Die bereinigten Gesamtausgaben 2017 betragen demnach rund 13,5 Milliarden Euro, die Einnahmen rund 14,5 Milliarden Euro. Damit verzeichnet Hamburg einen Überschuss.

Die Mai-Steuerschätzung 2018 prognostizierte bis 2022 zusätzliche Einnahmen in Höhe von knapp 1,2 Milliarden Euro, wie Finanzsenator Andreas Dressel im Mai vorrechnete.

Ebenfalls unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Parlaments steht der Entwurf für den Doppelhaushalt 2019/20. Dort soll die Behörde für Wirtschaft und Verkehr fast 640 Millionen Euro für Sanierungsmaßnahmen erhalten – 2017 waren es 460 Millionen. Für die erhoffte Elbvertiefung sind zunächst mal rund 48 Millionen Euro vorgesehen, die Gesamtkosten über mehrere Jahre Bauzeit hinweg dürften bei etwa 400 Millionen liegen. Hamburg zahlt zwei Drittel, der Bund ein Drittel der Kosten.

Insgesamt will die Stadt in den nächsten beiden Jahren 2,6 Milliarden Euro in die Sanierung von Straßen und Sportstätten, Kitas und Kaianlagen stecken. „Wir sind bei einem durchstrukturierten Erhaltungsmanagement angekommen“, sagte Dressel. „Wenn man die Stadt in Ordnung bringt, geht das nicht ohne Einschränkungen. Das ist ein beschwerlicher Weg, aber es geht um Gemeinschaftseigentum.“ Die Alternative wäre gruseliger: „Alles verschrotten und neu anschaffen.“

Die CDU-Opposition warf Dressel vor, in guten Haushaltsjahren das Vorsichtsprinzip komplett über Bord zu werfen und nur bis zum nächsten Wahltermin zu denken. „Rot-Grün läutet schon in diesem Jahr den Wahlkampf ein“, glaubt auch FDP-Haushaltspolitikerin Jennyfer Dutschke.

Der Bund der Steuerzahler Hamburg begrüßte zwar, dass mehr Steuermittel in die Sanierung der Infrastruktur investiert werden. Gleichzeitig aber, so die Forderung, müssten die Bürger auch steuerlich entlastet werden. Also: Viel ausgeben, aber weniger einnehmen.

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