Hamburgentwicklung: Olympia-City kommt – ohne Olympia

Es war zentrales Argument der Olympia-Befürworter: Hamburg könne nur wachsen durch die Verwandlung eines Stücks Hafen in ein Olympisches Dorf. Jetzt kommt ein neues Viertel auch ohne Spitzensport.

Wer zuerst „Wohnen am Wasser“ sagt, hat gewonnen: So könnte der Stadtteil Grasbrook aussehen Foto: Hosaya Schaefer Architects

HAMBURG taz | Auch ohne Olympia: Hamburgs Olympia-City kommt. Auf der Elbinsel Kleiner Grasbrook wird in den kommenden 20 Jahren ein komplett neuer Stadtteil entstehen. Rund 3.000 Wohnungen für etwa 6.000 Bewohner sowie Büros und Gewerbeeinheiten, in denen zwischen 8.000 und 16.000 Menschen arbeiten, sollen den Stadtteil Grasbrook bilden. Diese Planungen, schon im vergangenen Jahr unter höchster Geheimhaltung entstanden, präsentierte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am gestrigen Dienstag.

Als „das Erbe der gescheiterten Olympiabewerbung“ sieht Scholz den geplanten Stadtteil, auch wenn der nun eine Nummer kleiner ausfällt, als in der Bewerbungsphase geplant. 120 Hektar mit 8.000 Wohnungen sind nun zu 3.000 Wohneinheiten auf etwa 46 Hektar Fläche geschrumpft. Der größte Anteil des Kleinen Grasbrooks, 53 Hektar, wird weiterhin von der Hafenwirtschaft genutzt.

Ein Drittel Hafencity

Das zu bebauende Gebiet wird aber immerhin noch knapp ein Drittel so groß werden wie die 157 Hektar umfassende Hafencity. Es soll ein wichtiger Baustein für den „Sprung über die Elbe“ sein, der die Süderelbgebiete besser an die Stadt anbinden soll. Neue Brücken über die Elbe und die Verlängerung der U-Bahn-Trasse nach Süden sind noch nicht geplant, aber jederzeit möglich.

Der zukünftige Stadtteil wird voraussichtlich drei Quartiere umfassen: Das wichtigste und größte ist das Quartier Moldauhafen, vis-à-vis der östlichen Hafencity, zwischen Elbe und Moldauhafen gelegen. Hier werden die meisten Wohnungen entstehen. Dazu gesellt sich zwischen Elbe und Wohnbebauung ein langer Grünzug

Noch hat die Tschechische Republik das Gelände gepachtet: Für sie ist die Elbe die einzige Verbindung zu den Weltmeeren. Sie wird das Gelände aufgeben und von der Stadt im Tausch eine Fläche im Kuhwerder Hafen bekommen. In dem angrenzenden Freihafenelb- und dem Hafentorquartier wird die Gewerbenutzung überwiegen.

Gefahrstoffe weg, Wohnungen her
Bürgermeister Olaf Scholz (SPD)

„Niedriger als die Hafencity wird es nicht werden“

Dahinter schließt sich direkt die Hafennutzung durch die Firma Unikai an, die auf dem Kleinen Grasbrook heute noch Gefahrstoffe lagert. Die sollen in Zukunft verschwinden, um eine Nachbarschaft zu den Wohnquartieren zu ermöglichen.

Kostenschätzungen für den neuen Stadtteil gibt es noch nicht. Der rot-grüne Senat geht aber davon aus, dass die Millionen, die die Stadt für neue Straßen und andere Infrastruktur ausgibt, durch den Verkauf der Flächen an die verschiedenen Bauträger refinanziert werden. Rund 880.000 Qua­dratmeter Bruttogeschossfläche sollen auf dem Grasbrook entstehen, was eine verdichtete und in die Höhe schießende Bauweise nötig macht. „Niedriger als in der Hafencity wird es nicht werden“, prophezeit Bürgermeister Scholz.

Und es wird auch nicht viel schneller gehen. Scholz erinnerte daran, wie sein verstorbener Vorgänger Henning Voscherau (SPD) das Konzept der Hafencity vor genau 20 Jahren aus der Taufe hob. Baulich fertiggestellt sein soll sie im Jahr 2024.

Dass der Kompromiss zwischen Wohnbebauung und Hafennutzung „im Einvernehmen mit der Hafenwirtschaft“ geschieht, betont Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg. „Über hundert Termine“ will er wahrgenommen haben, um in „einem einjährigen Verhandlungsmarathon“ die Einigung zwischen Wirtschaft und Politik zu befördern.

„Transparent und demokratisch“

So geheim die bisherige Konzeptentwicklung war, so „transparent und demokratisch“ solle nun das weitere Planverfahren ablaufen, verspricht Scholz – damit zwischen Hafencity und dem Arbeiterviertel auf der Veddel „ein lebendiger Stadtteil mit Wohnen, Gewerbe, Schulen, Kitas“ und allem entsteht, was es für die Nahversorgung der zukünftigen Bewohner braucht. Wie überall in Hamburg will die Stadt versuchen, die Bauherren darauf zu verpflichten, dass sie jede dritte Wohnung im Sozialen Wohnungsbau erstellen.

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