Hamburger Pilotprojekt: Glaube ohne Grenzen

In Hamburg sollen künftig auch muslimische Lehrkräfte „Religionsunterricht für alle“ erteilen. Das entspricht dem Staatsvertrag.

Im Religionsunterricht wird auch die korrekte Bethaltung gelehrt. Bild: dpa

HAMBURG taz | Ab dem Schuljahr 2014/15 sollen in einem Pilotprojekt in Hamburg an zwei Schulen auch muslimische Lehrkräfte Religionsunterricht erteilen. Damit erfüllt das Land den vor einem Jahr geschlossenen Staatsvertrag mit den dortigen muslimischen Gemeinschaften. Bei Vertragsschluss hatten die muslimischen Vereinigungen erklärt, sich am „Religionsunterricht für alle“ zu beteiligen und den Rahmen dafür zu schaffen, dass auch muslimische Lehrer den Unterricht erteilen können.

Damit beschreiten die muslimischen Religionsgemeinschaften in Hamburg einen anderen Weg als die bremischen. Die sind kürzlich aus den Verhandlungen zu einem gemeinsamen Lehrplan ausgestiegen und fordern stattdessen einen konfessionellen islamischen Unterricht.

Bei Katholiken kommt Bekenntnis vor Wissen

Eine solche Position vertritt in Hamburg die katholische Kirche: Sie hält an dem rein katholischen Religionsunterricht fest, der an den 21 katholischen Schulen im Land gegeben wird. „Wir wollen Kenntnisse des eigenen religiösen Bekenntnisses vermitteln“, sagt der Erzbistumssprecher Manfred Nielen. Dialogfähigkeit sei Bestandteil des Unterrichts.

Die evangelische Kirche dagegen, die in Hamburg bislang den Religionsunterricht für alle verantwortet hatte, sieht das Projekt zuversichtlich. Der Unterricht fordere dazu heraus, „dass man gerade im Dialog seinen eigenen Glauben präziser kennenlernt“, sagt der Sprecher der Nordkirche, Frank Zabel. Auch die jüdische Gemeinde beteiligt sich an dem Projekt.

Die Hamburger Schulbehörde bringt, befragt nach den Vorteilen der Neuorganisation, das Lernen von Toleranz und eine Vorbeugung gegen Radikalisierung ins Spiel. „Besonders die muslimischen und alevitischen Lehrkräfte“, so heißt es aus der Pressestelle der Schulbehörde, können „ihre Religion in ihrer Toleranz vorleben und so Stereotypen und Klischees entgegenwirken“.

Das wird etwa die Hälfte der Hamburger SchülerInnen betreffen: Ab Klassenstufe 7 können sie alternativ zum Religionsunterricht Philosophie oder Ethik wählen, dafür entscheiden sich rund die Hälfte.

Für den Unterricht im Pilotprojekt in den Jahrgängen 5 und 6, das auf fünf Jahre angelegt ist, sollen muslimische und alevitische Lehrer aus dem Hamburger Schuldienst zwei Jahre am Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung weiterqualifiziert werden. Das geschieht in Kooperation mit dem Pädagogisch-Theologischen Institut der Nordkirche und in Absprache mit allen beteiligten Religionsgemeinschaften.

Die Akademie der Weltreligionen an der Uni Hamburg will ihren Masterstudiengang Religion, Dialog und Bildung für Lehramtsstudenten öffnen. Mittelfristig, so sagt die stellvertretende Leiterin der Akademie, Katajun Amirpur, sei es wichtig, dass im Land eine grundständige Ausbildung in islamischer Theologie angeboten werde.

-Ente sorgt für Aufregung

Zu Irritationen kam es nach einem Bericht im Hamburger Abendblatt, dem zufolge es laut Schulbehörde durchaus möglich sei, dass eine muslimische Religionslehrerin Grundwissen über das Christentum vermittle. Das sei noch gar nicht besprochen, sondern Gegenstand des Pilotprojekts, so heißt es aus der Schulbehörde. Amirpur stellt sich im Idealfall ein „Co-Teaching“ vor, bei dem etwa die Propheten aus christlicher und islamischer Sicht betrachtet werden.

Mustafa Yoldas, Vorsitzender der Schura Hamburg, äußerte sich mit Verweis auf die am Montag laufende Sitzung des Lenkungsausschusses nicht. Dort sollen die Unterrichtseinheiten besprochen werden. Sollten sie gebilligt werden, könnten sie im Laufe des Sommers von den Religionsgemeinschaften beschlossen und dann erprobt werden.

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