Hamburger Protest-Camp: Was von Occupy übrig bleibt

Das letzte Occupy-Camp Deutschlands am Gertrudenkirchhof soll geräumt werden, fordern Politiker von der CDU bis zu den Grünen. Ein Besuch bei den Aktivisten.

Gehören mittlerweile schon zum Stadtbild dazu: Die Schilder und Zelte des Occupy-Camps in der Innenstadt. Bild: dpa

Der Weg ins Camp führt unter einer Holzbrücke hindurch, auf der ein Stuhl steht. „Wir nennen sie die Überwachungsbrücke“, sagt Max, der seit vergangenem Sommer bei Occupy Hamburg ist. Er knabbert an einem Sellerie und trägt eine karierte Boxershorts – trotz der Kälte. „Ist doch ein schöner Tag heute“, sagt Max, im Winter sei es im Camp viel kälter gewesen.

Seit Oktober 2012 steht „Occupied City“, wie die Aktivisten ihr Zeltlager nennen, am Gertrudenkirchhof zwischen Mönckebergstraße und Binnenalster in der Innenstadt. Bislang werden sie von der SPD im Bezirk Mitte geduldet, doch inzwischen fordern sogar die Grünen im Bezirk das Ende des Camps.

„Wir wollen die Occupy-Bewegung nicht weghaben, aber hier wird öffentlicher Raum für Wohnungssuchende missbraucht“, sagt der grüne Fraktionschef in der Bezirksversammlung, Michael Osterburg. Stattdessen solle die Stadt den Campierenden günstigen Wohnraum anbieten.

In Berlin, Frankfurt, Düsseldorf und Kiel sind die Camps inzwischen verschwunden, das in Hamburg ist das letzte übrig gebliebene. Ungefähr zehn Leute haben hier zwischen Karstadt und Haspa-Bank ihre Einmannzelte aufgebaut, eine Holzbude dient als Wohnküche. Der Wind bläst durch die Ritzen, es ist hier drinnen sogar kälter als draußen. Immer wieder kommen Menschen herein, holen sich Tee oder ein Stück Brot.

Vorbeilaufende Passanten scheinen kaum noch vom Anblick der Zelte überrascht – die gehören mittlerweile zum Stadtbild dazu. Die Möbel im Camp sind Spenden. Sie kommen von Restaurants und Geschäften in der Nachbarschaft.

Die Aktionen seien in letzter Zeit schon rar geworden, gibt Max zu, doch man müsse erst einmal den Winter überstehen. Max ist 19, statt eine Ausbildung anzufangen, beschloss er, aus dem System auszusteigen, wie er es nennt, und für eine gerechtere Welt zu kämpfen. So kam er zu Occupy Hamburg.

„Das Zeltlager ist doch die beste Art des Protests“, sagt Stephan verträumt und zieht an seiner Gauloises. Er ist einer von wenigen Aktivisten, die seit 2011 durchhalten, als das Camp in Hamburg auf dem Gerhard-Hauptmannplatz gegenüber der HSH-Nordbank aufgebaut wurde. Das Camp diene als Anlaufpunkt, sagt Stephan, soziales Engagement gehöre zu einem Antikapitalismus-Protest dazu.

Die CDU-Bürgerschaftsfraktion hat angekündigt, eine Kleine Anfrage an den Senat zu stellen: Das Camp müsse geräumt werden. Das Bezirksamt Mitte sieht allerdings keinen Handlungsbedarf. „Wir stehen im engen Kontakt mit den Aktivisten. Beschwerden über das Zeltlager gehen wir selbstverständlich nach, doch halten diese sich in Grenzen“, sagt Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD).

So sei das Camp widerstandslos vom Weihnachtsmarkt, wo es zuvor die Zelte aufgeschlagen hatte, auf den Gertrudenkirchhof umgezogen, als das Bezirksamt darum bat.

„Kein Politiker sollte den Aktivisten vorschreiben, wie sie zu protestieren haben“, sagt der SPD-Fraktionschef Mitte Falko Droßmann. Die Aktivisten selbst haben noch einiges vor. „Wir haben die Diskussion um die Finanzwelt nun angestoßen, doch das reicht noch lange nicht aus“, sagt Stephan. „Wir bleiben, bis wir Veränderungen sehen.“

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