Handball: Vom Jäger zum Gejagten

Berlins Spitzenclub steht vor einer schwierigen Bundesliga-Saison. Das zeigte der mühevolle Sieg im Auftaktspiel. Nun schraubt das Team die Ansprüche herunter

Jubelnde Füchse nach mühevollem Sieg. Bild: DPA

Die Füchse-Spieler hatten Gesprächsbedarf. Kein Wunder: Zwar gewannen sie beim Bundesliga-Saisonauftakt am Sonntag gegen Aufsteiger GWD Minden 29:25, überzeugen aber konnten sie dabei kaum. „Wir haben nie unseren Rhythmus gefunden“, resümierte Trainer Dagur Sigurdsson. Vor allem in der Offensive hakte es: Ballverluste, Fehlwürfe, kaum Aggressivität. „Wir waren ziemlich weit weg von unserer normalen Form. Wir haben noch viel Arbeit vor uns“, so Sigurdsson.

Das Auftaktspiel machte deutlich, dass die Füchse vor einer schweren Spielzeit stehen. Sie müssen das Kunststück vollbringen, zwei starke letzte Jahre noch zu toppen oder zumindest zu bestätigen. Zweimal in Folge wurde in der Liga Platz drei erreicht. Vergangene Saison folgte mit dem Einzug ins Halbfinale der Champions League der bisherige Höhepunkt der Vereinsgeschichte. Die Erwartungen sind deshalb hoch. Vielleicht zu hoch. „Die Luft in der Spitze ist dünn“, betont Neuzugang Börge Lund.

Mit den Saisonzielen bleibt man daher bescheiden. Unter die ersten fünf will man kommen und in der Champions League das Achtelfinale erreichen. Von Titeln spricht niemand. Die Füchse, die mit einem Etat von gut fünf Millionen Euro in die Saison starten, sind jetzt selbst Gejagte. Das könnte mühselig werden.

Schon die Vorbereitung verlief holprig. Erst musste die Trainingshalle geräumt werden, weil Wasser durch die Decke tropfte. Dann ging der Fanshirt-Hersteller insolvent. Folge: Rechtsstreitigkeiten mit der Firma. Eine Aktion, bei der man alle Restbestände günstiger an die Fans weitergeben wollte, konnte am Wochenende nicht stattfinden.

Dazu kamen Verletzungen: Lund verpasste wegen einer Schulterprellung gleich zwei Vorbereitungsturniere und durfte gegen Minden nur zuschauen. Auch Nationalkeeper Silvio Heinevetter musste gegen Minden wegen Knieproblemen passen. „Das hatten wir in den letzten beiden Jahren nicht“, sagt Nationalspieler Markus Richwien. Manager Bob Hanning war mit den Testspielen unzufrieden, forderte mehr vom Team. Das blieb auch nach dem Minden-Spiel so: „Der Trend hat sich nahtlos fortgesetzt“, sagte er.

Personell hatte sich gar nicht so viel getan: Die Füchse setzen auf Kontinuität und Homogenität. Nur zwei Neuzugänge hat der Verein verpflichtet: neben Lund noch Konstantin Igropulo vom FC Barcelona. Der Vertrag mit Erfolgstrainer Dagur Sigurdsson wurde bis 2017 verlängert. Verwundert schaut man auf die Konkurrenz, die Jahr für Jahr ihre Teams austauschen. „Wir haben ein Foto von den Rhein-Neckar Löwen gesehen und dachten, das ist das gesamte Team. Aber am Ende waren es nur die Neuzugänge“, so Laen. Das wird es in Berlin nicht geben.

Aber mit dem Isländer Alexander Petersson hat man einen Leistungsträger verloren. Er wechselte zu den Rhein-Neckar Löwen – der Mann mit dem härtesten Wurf der Liga kommt in Mannheim auf ein höheres Jahresgehalt. Igropulo soll ihn ersetzen. Gegen Minden aber wirkte der russische Nationalspieler noch wie ein Fremdkörper im Team. Er strahlte kaum Torgefahr aus. Aber Hanning beruhigt: „Petersson gelang in seinem ersten Spiel für uns auch kaum etwas.“ Der noch verletzte Lund soll den Füchsen vor allem in engen Situationen mit seiner Erfahrung helfen. Der 33-Jährige kam von den Rhein-Neckar Löwen.

Schon am heutigen Dienstagabend bekommt er die nächste Chance für sein Debüt im Berliner Trikot. Dann müssen die Füchse beim nächsten Aufsteiger im schwäbischen Neuhausen ran. Hanning warnt: „Das wird dreckig. Die spielen um Leben und Tod.“ Trotzdem sind die Füchse haushoher Favorit. Am sechsten Spieltag folgt mit dem THW Kiel der erste wirkliche Gradmesser. Erst dann wird sich zeigen, in welche Richtung die Reise der Füchse in dieser Saison geht.

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