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Handelskonflikt China und USAKurze Atempause für Peking

Kai Schöneberg
Kommentar von Kai Schöneberg

Der Handelsstreit der USA ähnelt zunehmend einem Shakespeare-Drama. 90 Tage Zollpause sind trotz Chinas Triumph kein Grund zur Sorglosigkeit.

Noch herrscht buntes Treiben im Hafen von Quigdao in China Foto: Chinatopiox/ap/dpa

D er Super-GAU ist ausgeblieben. Der größte anzunehmende Unfall für den weltweiten Warenaustausch wäre eingetreten, wenn es zwischen den beiden größten Handelsnationen weiter geknallt hätte. China hat einen Anteil von 12 Prozent an den globalen Exporten, die USA einen Anteil von 10 Prozent.

Wenn die beiden sich mit Strafzöllen und anderen Res­trik­tio­nen überziehen, hat das Auswirkungen auf den ganzen globalen Rest. Insofern ist die Verlängerung der Zollpause zwischen China und den USA um weitere 90 Tage, als ob sich im Shakespeare-Drama gerade der Pausenvorhang senkt. „Suspense“ ist besser als Drama, denkt sich wohl Donald Trump. Und irrt.

China habe mit US-Zöllen von zwischenzeitlich 145 Prozent „am Abgrund“ gestanden, prahlte der US-Präsident. Doch die Volksrepublik hatte ihn mit Exportbeschränkungen bei seltenen Erden längst ausgekontert. Die braucht die US-Industrie für High-Tech-Produkte. So dringend, dass Washington seine Exportbeschränkungen für Chips und Flugzeugmotoren lockern musste. 1:0 für Peking.

Die dauernde Unsicherheit frisst sich in die Hirne der Konzernbosse weltweit. Die Angst vor neuen Ausfällen Trumps bremst Investitionen. Trotz des bereits bestehenden Zoll­deals zwischen der EU und den USA sind Un­ter­neh­me­r*in­nen skeptisch für die Zukunft der deutschen Wirtschaft.

Welthandel driftet auseinander

Sie sind unsicher, weil der Welthandel weiter auseinanderdriftet. Exemplarisch dafür: ein neues Abkommen vom anderen Ende der Welt. Die Handelszwerge Indonesien und Peru liberalisieren ihren Handel – um der Dominanz der Autokraten in Peking und Washington zu entgehen. Auch andere rücken wie die EU mit bilateralen Abkommen zusammen, um autark zu bleiben.

Alle gegen alle, Zersplitterung statt Globalisierung ist der neue Welthandelstrend. Niemand sollte hoffen, dass es aufhört, wenn das Trump’sche Handelsdrama endet. Die anderen Schurken haben nämlich gemerkt, dass sich so zumindest kurzfristig Kasse machen lässt.

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Kai Schöneberg
Ressortleiter Wirtschaft und Umwelt
Hat in Bonn und Berlin Wirtschaftsgeschichte, Spanisch und Politik studiert. Ausbildung bei der Burda Journalistenschule. Von 2001 bis 2009 Redakteur in Bremen und Niedersachsen-Korrespondent der taz. Dann Financial Times Deutschland, unter anderem als Redakteur der Seite 1. Seit 2012 wieder bei der taz als Leiter des Ressorts Wirtschaft + Umwelt, seit August 2024 im Sabbatical.
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