Handelskonflikte mit den USA: Davoser Klüngel alarmiert Brüssel

Was war das denn? Die Auftritte der EU-Kommissionspräsidentin und des US-Präsidenten in Davos werfen eine Menge Fragen auf.

Von der Leyen und Trump unterhalten sich auf offiziellem Sofa

Grins: Ursula von der Leyen und Donald Trump in freundlicher Pose Foto: dpa

BRÜSSEL taz | Donald Trump droht, Ursula von der Leyen beschwichtigt, und die Handelsexperten im Europaparlament wundern sich: Der US-Präsident und die EU-Kommissionspräsidentin haben mit ihren Äußerungen beim Weltwirtschaftsforum einen neuen transatlantischen Handelsdeal losgetreten. Es geht um Industrienormen, Energiepolitik und Agrarprodukte – und um mögliche Strafzölle auf Autos made in Germany.

Wenn es um den Außenhandel gehe, dann sei Europa „noch schlimmer als China“, hatte Trump in Davos gesagt. Da der Handelskonflikt mit Peking vorläufig beigelegt sei, wolle er sich nun die EU vorknöpfen. Spätestens bis zur US-Präsidentschaftswahl im November, so ließ Trump durchblicken, wolle er einen für sein Land günstigen Deal. Andernfalls werde er die mehrfach angedrohten 25-prozentigen Autozölle verhängen.

Alles halb so wild, erklärte dagegen von der Leyen. Sie erwarte eine Einigung schon „in wenigen Wochen“, erklärte die CDU-Politikerin in Davos, wo sie sich auch mit Trump traf. „Was auch immer besprochen wird, wird ein neuer Ansatz sein“, kündigte sie an. Außer um Handelsfragen werde es auch um Themenfelder wie Technologie und Energie gehen. Dies sorgt nun in Brüssel für Verwirrung.

Bisher war nämlich nur von einem Industrieabkommen die Rede. Von Verhandlungen mit Washington über Energie und Technologie ist offiziell nichts bekannt, die EU-Kommission hüllt sich in Schweigen. Mit den Mitgliedstaaten war von der Leyens Vorstoß offenbar auch nicht abgesprochen. EU-Diplomaten betonten, dass kein neues Verhandlungsmandat in Vorbereitung sei.

Hat sich von der Leyen also zu weit vorgewagt – oder plant sie Dinge, von denen man in Brüssel nichts weiß? „Ehrlich gesagt verstehe ich das nicht“, sagte der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), der Nachrichtenagentur afp. Er habe auch mit Beamten der Kommission gesprochen, die den Aussagen ihrer Chefin auch nicht ganz folgen konnten.

Verärgert zeigt sich der grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer, der ebenfalls im Handelsausschuss sitzt. „Präsident Trump hat ihr offensichtlich bei ihrem Treffen eine Sonderbehandlung angedeihen lassen, die aus einer Mischung von großspurigen Versprechungen und harten Drohungen bestand“, sagte er. Allerdings müsse auch von der Leyen verstehen, dass ein US-EU-Handelsabkommen nicht in wenigen Wochen zustande gebracht werden könne.

Und dann noch der irische Handelskommissar

Für Verwirrung sorgt aber nicht nur die deutsche Kommissionspräsidentin. Auch der neue irische Handelskommissar Phil Hogan hat Irritationen ausgelöst. Hogan hat nämlich angedeutet, dass die EU mit den USA auch über Agrargüter verhandeln könnte. Trump möchte sogar den gesamten Agrarsektor zum Thema machen. Dies ist jedoch ebenfalls nicht vom Verhandlungsmandat für die EU-Kommission abgedeckt. Vor allem Frankreich sperrt sich.

Hogan sieht aber einen möglichen Ausweg: Man könne doch über „regulatorische Hürden“ im Agrarbereich reden, sagte er bei einer Veranstaltung der Unternehmerlobby „Business Europe“ in Brüssel. Von diesen Hürden gebe es auf beiden Seiten des Atlantiks ohnehin viel zu viele. Doch damit hat Hogan die Landwirte und Verbraucherschützer in der EU alarmiert. Sie fürchten, dass es nun doch wieder um amerikanische Chlorhühnchen und US-Genmais gehen könnte.

Genau diese Sorge hat schon den Widerstand gegen das gescheiterte TTIP-Abkommen angefacht. Hogan und von der Leyen riskieren nun neue Proteste.

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