Harmlose Extremisten: Bremer Verfassungsschutz bleibt

Die "politisch motivierten Straftaten" von links bestanden vor allem im Widerstand gegen rechts, beobachtete der Verfassungsschutz. Und die Islamisten beten vor allem.

Freundliche Hinweise an den Verfassungsschutz: Die Milli-Görüs-nahe Bremer Fatih-Moschee. Bild: ap

Die Versuche des Innenministers Hans-Peter Friedrich, den Verfassungsschutz zu zentralisieren, sind gescheitert. „Über das Papier des Bundesinnenministers ist überhaupt nicht geredet worden“, berichtete Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) gestern. Nach nur einer Stunde sei die Sondersitzung der Innenminister zu Ende gewesen. In dem vorbereiteten gemeinsamen Papier heißt es, es sei „keine Änderung der föderalen Struktur“ des Verfassungsschutzes (VS) erforderlich.

Hintergrund der Strukturdiskussion beim VS ist die NSU-Affäre. Es gebe keine Hinweise auf NSU-Verbindungen nach Bremen, erklärte Mäurer, und die Forderungen nach mehr Transparenz, mehr Kooperation und einer stärkeren Kontrolle des VS seien, soweit es in der bremischen Kompetenz liege, hier längst umgesetzt.

Vielleicht liegt das auch daran, dass die Szenen, die der Verfassungsschutz im Auge hat, in Bremen harmloser ausfallen als anderswo. Etwa die der Rechtsextremen. Rund 100 Personen rechnet der VS dazu, davon 20 in der „Neonazi-Szene“, 30 „subkulturelle“ Skinheads. Der Versuch der Bundespartei NPD, nach der Fusion mit der DVU in Bremen oder zumindest Bremerhaven die 5-Prozent-Hürde zu knacken, ist 2011 grandios gescheitert. Der Bremerhavener Stadtverordnete der NPD, Horst Görmann, habe weder das Charisma noch das organisatorische Geschick, um viel zu bewegen, sagt VS-Chef Hans-Joachim von Wachter.

Die „politisch motivierte Kriminalität“ auf der linken Seite ist zwar im Jahre 2011 deutlich angestiegen im Vergleich zu 2010, dies vor allem aber wegen der Aktionen gegen den NPD-Wahlkampf. Immerhin gab es acht Brandanschläge gegen Fahrzeuge von NPD-Aktiven.

Ein großer Teil der VS-Arbeit besteht in der Beobachtung der islamistischen Szene. Mit 2.000 Anhängern ist „Milli Görüs“ der größte Verein. Der Verfassungsschutzbericht führt „Erkenntnisse“ auf von der Qualität, dass Milli Görüs den Geburtstag des Propheten mit vielen Gästen gefeiert habe. Mehrfach hat sich Milli Görüs in den vergangenen Jahren darüber lustig gemacht, wenn „Erkenntnisse“ des VS falsch waren und er die Angaben freiwillig und öffentlich korrigierte. Seit dem Jahre 2009 immerhin gibt es einen offiziellen „Dialog“ zwischen Milli Görüs und dem Verfassungsschutz.

Keinen Dialog gibt es zu den beiden salafistischen Moscheen in Bremen, obwohl die auch, verbal zumindest, Gewalt ablehnen. Konkrete Vorwürfe möglicherweise strafbarer Handlungen macht der VS nicht, die Begrünung für die Beobachtung liegt in dem Argument, dass alle in Deutschland aufgefallenen islamistischen Gewalttäter einen salafistischen Hintergrund gehabt hätten. Im Falle des „Islamischen Kulturzentrums“ (IKZ) am Breitenweg hat es vor einem Jahr eine Durchsuchung gegeben, die das Bundesinnenministerium veranlasst hatte.

Akten und Computer wurden beschlagnahmt. Ein konkreter Vorwurf hat sich auch aus den Unterlagen offenbar nicht ergeben. Hauptsächlich richtete sich die Aktion auch gegen den Braunschweiger „Paradies e.V.“, und seitdem der sich aufgelöst hat, „ruht“ das ganze Verbotsverfahren. Der Verfassungsschutzbericht informiert nun darüber, dass diese Moschee neben den Gottesdiensten Islam-Unterricht anbietet und mehrere Internet-Portale unterhält. Ein „saudischer Gelehrter“ habe Verhandlungen zum Kauf des Gebäudes am Breitenweg geführt, dies sei „aus finanziellen Gründen“ gescheitert.

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