Hartz IV wird erhöht: Mindestens 7 Euro mehr

Das Bundeskabinett hat beschlossen, die Hartz-IV-Regelsätze leicht zu erhöhen. Linke und Sozialverbände kritisieren die Berechnung als realitätsfern.

Ein wenig gefüllter Einkaufswagen seht zwischen Regalen im Supermarkt

Mit 7 Euro mehr kommt man im Supermarkt nicht weit Foto: Sven Hoppe/dpa

BERLIN taz | Ab Januar sollen Hartz-IV-­Emp­fän­ge­r:innen mindestens 7 Euro mehr bekommen. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch eine Erhöhung der Regelsätze beschlossen. Demnach sollen alleinstehende Hartz-IV-Empfänger:innen ab Januar 439 Euro erhalten. Für Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren will der Staat monatlich 39 Euro drauflegen, der Satz beträgt dann 367 Euro. Kinder im Alter zwischen 6 und 13 Jahren erhalten dagegen keinen Aufschlag.

Der Gesetzentwurf von So­zial­minister Hubertus Heil (SPD) muss noch Bundesrat und Bundestag passieren. Außerdem werden die Sätze noch an die Entwicklung von Löhnen und Preisen angepasst, das heißt, sie könnten leicht steigen. Diese Daten liegen aber nach Auskunft des Sozialministeriums erst Ende August vor. Heil lobte seinen Entwurf: „Auch in der Coronakrise ist die Grundsicherung für alle da, die Unterstützung brauchen.“

Das sehen Sozialverbände anders. Der Beschluss schreibe Armut fort, die Regelsätze machten eine umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht möglich, so die Diakonie Deutschland. Der Maßstab für die Leistungen seien die ärmsten Haushalte, so Maria Loheide vom Vorstand in einer Presseerklärung. „So wird Mangel zum Maßstab.“

Auch die Linkspartei kritisiert die Bemessungsgrundlage. Als Referenz für die Regelsätze gelten die Einnahmen und Ausgaben von 60.000 ausgewählten Haushalten. In ihrer Funktion als Bundestagsabgeordnete hatte Linken-Vorsitzende Katja Kipping das Sozialministerium im Juli gefragt, wie sich die Referenzgruppen zusammensetzen. Der Antwort zufolge ist nur ein gutes Viertel der Personen, die die Maßstäbe für die Alleinstehenden setzt, erwerbstätig. In der Gruppe der Familien sind über 80 Prozent erwerbstätig.

10 Euro weniger für Strom veranschlagt

Kipping kritisiert jedoch, dass jene, die ihre Niedriglöhne mit Hilfe des Staats aufstocken, nicht rausgerechnet sind. „So entsteht ein Zirkelschluss der Verarmung.“ Das sei etwa an den Stromkosten ersichtlich. Ein Alleinlebender bezahle im Durchschnitt 46 Euro für Strom, die Bezugsgruppe der Hartz-IV-Empfänger gebe für Strom lediglich 35,71 Euro aus.

Auch der Sozialverband VdK bezeichnet die berechneten Regelbedarfe als nicht realitätsgerecht, der Paritätische Gesamtverband spricht von einem „unverschämten Kleinrechnen“. Heil hatte im März einen Pandemiebonus für Hartz-IV-­Emp­fäng­er:in­nen befürwortet. Davon ist nicht mehr die Rede.

Kindergeld wird verrechnet

Auf Anfrage der taz teilte das Sozialministerium mit, dass Familien mit Kindern, die Sozialleistungen beziehen, ja bereits durch das Starke-Familien-Gesetz bessergestellt worden seien. So seien die Eigenanteile an den Kosten für ein Schülerticket und das gemeinsame Mittagessen in Schule und Kita weggefallen. Außerdem wurde das Schulbedarfspaket von 100 Euro auf 150 Euro erhöht und werde künftig jährlich in gleichem Maß wie der Regelbedarf angehoben. Auch der einmalige Kinderbonus von 300 Euro werde nicht angerechnet.

Das gilt aber weiterhin für das Kindergeld – es wird mit Hartz IV und anderen Sozialleistungen verrechnet. Insofern profitieren Familien ohne oder mit geringen Einkommen auch kaum oder gar nicht von der Erhöhung um 15 Euro, die ebenfalls im nächsten Jahr in Kraft tritt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.