Haushaltsplanung 2021: Es regnet Geld in Großbritannien

London steigert die Staatsausgaben deutlich – vor allem für Infrastruktur und Gesundheit. Gespart wird in der Entwicklungszusammenarbeit.

Großbritanniens Finanzminister Rishi Sunak verlässt ein Haus in der Downing Street, London.

Großbritanniens Finanzminister Rishi Sunak am Mittwoch Foto: Simon Dawson/reuters

LONDON taz | In optimistisch-leichtem Stil kündigte Großbritanniens Finanzminister Rishi Sunak am Mittwochnachmittag im Parlament seine Ausgabenplanung für das kommende Jahr an, im Zeichen der coronabedingten wirtschaftlichen Herausforderungen. „Meine oberste Priorität ist der Schutz von Jobs und Erwerbsfähigkeit“, sagte der konservative Politiker, einer der beliebtesten Minister der Regierung von Boris Johnson.

Laut Angaben des britischen Rechnungsamts wird die britische Wirtschaft dieses Jahr wegen der Covid-19-Pandemie um 11,3 Prozent schrumpfen, der größte Rückgang in 300 Jahren, erklärte Sunak. Die Arbeitslosigkeit ist im letzten Jahr von 3,9 Prozent auf 4,8 Prozent gestiegen und soll bis Mitte nächsten Jahres auf knapp 8 Prozent steigen.

Dennoch hat Sunak in seinem Haushalt nicht mit Sparen angefangen. Großbritanniens Schulden sollen sich bis März 2021 um bis zu umgerechnet 441 Mrd. Euro erhöhen, die Staatsausgaben sollen inflationsbereinigt deutlich steigen, um das Land vor Massenarbeitslosigkeit im Schatten des Coronavirus zu schützen – der größte Anstieg seit 15 Jahren, so Sunak, um genau 3,8 Prozent.

Schon vergangene Woche hatte Premierminister Johnson angekündigt, den Verteidigungsetat deutlich zu erhöhen. Jetzt erhält der Pflegesektor neue Milliardenbeträge, es gibt Zuschüsse und Investitionen für das Justizsystem, die Polizei, Schulen, Krankenhäuser, Wohnungsbau, Straßen und andere Infrastruktur, von der vor allen der Norden des Landes profitieren soll. Damit Menschen auch positive Verbesserungen sehen, stehen umgerechnet 4,5 Milliarden Euro bereit, für die sich Kommunen bewerben können, um sichtbare Veränderungen innerhalb der laufenden Legislaturperiode umzusetzen. Insgesamt werden umgerechnet 112 Milliarden Euro in Infrastruktur investiert.

Großer Gewinner: Das Gesundheitssystem NHS

Wichtig ist: Die bisherige Regel, dass staatliche Investitionen vorrangig dort getätigt werden sollen, wo sie am meisten Rendite bringen, wird aufgegeben. Dies hatte bisher Infrastrukturmaßnahmen für die wohlhabendsten Gebiete wie den Großraum London bevorzugt und dem abgehängten nördlichen Industrieregionen Gelder vorenthalten. Die neugebildete Arbeitsgruppe nordenglischer Abgeordneter in der Tory-Fraktion begrüßte dies und andere Ankündigungen Sunaks als Erfüllung ihrer Forderungen.

Großer Gewinner ist auch das staatliche Gesundheitssystem NHS. Zu den bereits gewährten umgerechnet 160 Milliarden Euro und 9,18 Milliarden Euro Investitionen kommen nun noch Extramilliarden zur Bekämpfung der Pandemie hinzu. Die Gehälter im Gesundheitssystems steigen – anders als die anderer Angestellter des öffentlichen Dienstes. Die werden für ein Jahr eingefroren, da sie sicherer dastünden als Angestellte im Privatsektor. Niedrigverdiener unter umgerechnet 24.000 Euro sind von der Nullrunde nicht betroffen. Auch der staatliche Mindestlohn soll um 2,2 Prozent steigen, auf 8,91 Pfund (10 Euro) in der Stunde.

Gespart wird in der Entwicklungszusammenarbeit. Das zuletzt von Großbritannien eingehaltene Ziel, dafür 0,7 Prozent des BIP aufzuwenden, wird auf 0,5 Prozent gesenkt. Das ist in Großbritannien heftig umstritten, und aus Protest trat noch am Nachmittag eine Staatsministerin im Außenministerium zurück. Trotz der gesparten umgerechnet 4,5 Milliarden Euro bleibt Großbritanniens damit dennoch mit einer Gesamtsumme von umgerechnet 7,51 Milliarden Euro zweitgrößter Entwicklungshelfer innerhalb der G7. „Es ist nur wegen unseres Notstands“, versicherte Sunak. So bald wie möglich werde der ehemalige Prozentsatz wiederhergestellt werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.