Haushaltsregeln in der EU: Auf den Prüfstand

Die Europäische Union braucht neue Defizitregeln für ihre Mitglieder, sagt der Wirtschaftsweise Peter Bofinger. Die Drei-Prozent-Grenze gehöre überdacht.

Ein-Euro-Münzen liegen in einer Kasse

Damit die Kasse voll bleibt: EU zwingt Mitglieder zu Haushaltsdisziplin Foto: dpa

BERLIN taz | Der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger fordert eine Prüfung der geltenden Defizitgrenzen in der Europäischen Union. Zurzeit drohen Mitgliedsländern Strafen, wenn das Haushaltsdefizit 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreitet. Damit will Brüssel die EU-Staaten zu Haushaltsdisziplin zwingen.

Am Mittwoch hatte die EU-Kommission darauf verzichtet, Strafen gegen die Defizitsünder Spanien und Portugal zu verhängen. Diese Entscheidung sei richtig, sagte Bofinger der taz. Die beiden Länder seien mit ihrer Fiskalpolitik gut gefahren. „Sie haben die Wirtschaft in Schwung gebracht“, sagte er.

Ein drastischer Sparkurs dagegen hätte die Wirtschaft abgewürgt. In Spanien ist die Arbeitslosigkeit so niedrig wie seit sechs Jahren nicht mehr. „Wenn man feststellt, dass die Welt gut funk­tio­niert, obwohl gegen Regeln verstoßen wird, sind die Regeln vielleicht falsch“, sagte er.

Deshalb müsse die 3-Prozent-Defizitgrenze in Frage gestellt werden, fordert Bofinger, der Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist. „Offensichtlich passt der Grenzwert nicht in die weltwirtschaftliche Lage“, sagte er. Die USA hätten ein Defizit von 4 Prozent, Indien von 6 Prozent und China von 8 Prozent. „Kein anderes großes Land außer derzeit Deutschland, schafft es, die 3 Prozent einzuhalten“, betonte er.

Dijsselbloem enttäuscht

Die jetzt für EU-Mitglieder geltenden Regeln seien willkürlich festgelegt worden, sagte er. „Wir Ökonomen wissen nichts über die richtige Höhe von Grenzwerten.“ Ganz auf Defizitgrenzen verzichten will Bofinger allerdings nicht. „Es darf keinen Freibrief für grenzenloses Schuldenmachen geben“, sagte er. Eine aus seiner Sicht angemessene Zahl wollte er nicht nennen.

Unmut über die Brüsseler Entscheidung äußerte dagegen Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Es sei enttäuschend, dass die mangelnde Haushaltskonsolidierung in Spanien und Portugal keine Folgen habe, sagte er. Auch in der internatio­nalen Wirtschaftspresse stieß die Entscheidung der Kommission auf Kritik.

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