Heftiger Streit bei der NPD in Sachsen: Zersetzung im braunen Musterland

Seit Januar verlassen viele Mitglieder die sächsische NPD. Nun ist der interne Streit offen ausgebrochen: Der Kreisvorstand im Landkreis Leipzig trat geschlossen zurück.

Käufliche Rechtsextreme? Die NPD-Führung soll Kameradschaftsnazis mit Geschenken an sich gebunden haben. Bild: dpa

HAMBURG taz | „Alles gut“, ist die offizielle Botschaft von Jürgen Gansel, NPD-Landessprecher und Landtagsabgeordneter in Sachsen. In dem so wichtigen Landesverband für die Partei sind aber politische Differenzen und interne Konflikte offen ausgebrochen: Funktionsträger schmeißen ihre Ämter hin, Mitglieder werfen ihre Parteibücher weg und Bündnispartner greifen die Parteiführung an.

Der Grund: die Parteiausrichtung des NPD-Bundesvorsitzenden Holger Apfel. „Doppelmoral“, „Verbonzung“ sind nur zwei der Vorwürfe. In der vergangenen Woche wurde der bislang neuest Höhepunkt des schwelenden Konfliktes erreicht. Der gesamte Vorstand des Kreisverbandes Landkreis Leipzig unter den Vorsitzenden Marcus Müller trat geschlossen zurück. Parteibücher wurden gleich mit abgegeben.

Seit Anfang des Jahres häufen sich die Austritte. Von einst 1.000 Mitgliedern sollen nur noch 820 übrig sein. Nicht nur aus dem Verband Landkreis Leipzig, mit rund 50 Mitgliedern, war massive Kritik an Apfels Kurs der „seriösen Radikalität“ laut geworden. Der Kreisverband Chemnitz steht ebenfalls unter „Notverwaltung“.

„Endlich“ hätte der Vorstand Landkreis Leipzig seine Ämter niedergelegt, lässt indes Gansel wissen und behauptet, Müller habe den Verband als „privaten Klüngelverein“ geführt. Als kommissarischer Kreisbeauftragter wurde der Landesvize und ehemaligen Kameradschaftsnazi Maik Scheffler eingesetzt. Scheffler erklärte nicht minder deutlich „gescheiterte Profiegomanen“ und „spalterische Proleten“ würden das konstruktive Miteinander von Partei und Kameradschaften belasten.

Seitdem Apfel im November 2011 sich gegen den langjährigen Bundesvorsitzenden Udo Voigt durchsetzen konnte, behacken sich vermeintlich moderatere und radikalere Kader in und bei der NPD verstärkt. Die „Freien Kräfte“ in Sachsen halten längst Apfel vor, sich zu sehr von der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ distanziert und auch gar den Holocaust als Verbrechen tituliert zu haben. Das „Freie Netz Süd“ wirft Apfel, Löffler und auch ihrem Mitstreiter Scheffler vor, mit Posten und Geld die Kameradschaftsszene an sich zu binden – einzukaufen.

Schlichtungsgespräche seien bisher erfolglos gewesen, sagt die Landtagsabgeordnete der Linken, Kerstin Köditz: „Die NPD dünnt sich selbst aus“. Die Partei verliere weiterhin Mitglieder, Funktionäre und kommunale Mandatsträger. Das bestätigt inzwischen auch der sächsische Verfassungsschutz. „Hält dieser Trend an, dann ist ein erneuter Einzug in den Landtag sehr fraglich“, prognostiziert Köditz.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.