Heinz-Christian Strache vor Gericht: Wieder auf der Anklagebank
Die Staatsanwaltschaft Wien klagt den früheren FPÖ-Chef und Vizekanzler Österreichs wegen Untreue an. Es geht um eine Lebensversicherung.
 
Er führte die rechtsradikale FPÖ in lichte Höhen, dann folgte der tiefe Fall: Heinz-Christian Strache. Er war von Ende 2017 bis Mai 2019 Vizekanzler Österreichs, bevor er über den Ibiza-Skandal stürzte. Seitdem ist er in seiner Partei in Ungnade gefallen, politische Comebackversuche mit seiner Partei „Team HC Strache“ blieben weitestgehend erfolglos.
Nun droht ihm weiteres Ungemach: Die Staatsanwaltschaft Wien hat eine Anklage wegen Untreue eingebracht. Strache solle versucht haben, sich 300.000 Euro aus seiner Lebensversicherung auszahlen zu lassen, die die FPÖ Wien für ihn abgeschlossen hatte. Auch ein ehemaliger Parteikollege, der daran beteiligt gewesen sein soll, wurde angeklagt.
Der Versicherungszeitraum war von 2007 bis 2017. Ursprünglich sollte im Todesfall Straches Familie abgesichert werden, im Erlebensfall stand die Prämie hingegen der Partei zu. Laut Anklage ließen Strache und der Mitangeklagte 2014 – ohne Wissen oder Beschluss eines Parteigremiums – eine Vereinbarung erstellen, die Strache im Erlebensfall als Bezugsberechtigten vorsah.
Nach seinem Rücktritt soll Strache zudem wiederholt versucht haben, FPÖ-Mitglieder zur Auszahlung an ihn zu bewegen, wie es in der Anklage heißt. Bei einer Verurteilung drohen Strache ein bis zehn Jahre Haft. Die Anklage ist noch nicht rechtswirksam, da die Angeklagten binnen zwei Wochen Einspruch bei Gericht erheben können.
Vor einem unabhängigen Gericht
Er habe niemals unzulässig über Parteigelder verfügt oder sich etwas auszahlen lassen, sagt Strache: „Im Gegenteil: Ich habe eine Auszahlung während meiner aktiven Obmannzeit ausdrücklich abgelehnt und stets auf die korrekte Umsetzung des bestehenden Beschlusses bestanden.“ Sowohl Zeugen als auch Chatverläufe könnten dies belegen. Er sei erleichtert, dass die Sache nun endlich vor einem unabhängigen Gericht verhandelt werde, so Strache.
Die Anklage ist wohl Spätfolge der Ermittlungen, die im Zuge des Ibiza-Skandals 2019 aufgenommen wurden. In zwei Fällen kam es bereits zu Gerichtsverfahren: Im sogenannten „Prikraf“-Verfahren lautete der Vorwurf auf Einflußnahme auf eine gesetzliche Regelung zugunsten einer Privatklinik.
Strache wurde zunächst zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, in der Berufungsinstanz aber freigesprochen. Auch im Verfahren rund um eine Intervention Straches bei der Besetzung eines Aufsichtsratspostens mit einem FPÖ-nahen Unternehmer, für die im Gegenzug Parteispenden geflossen sein sollen, wurde Strache rechtskräftig freigesprochen.
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