HelferInnen beim Fußball: Betreutes Kicken

Damit die Profis immer spektakulärer und ausdauernder Fußball spielen, wird das Heer der Helfer um sie herum stetig größer. Ein Glossar.

Ein Fußball liegt auf dem Spielfeld

Hier zu sehen: Ein Meisterwerk des Greenkeepers Foto: Imago/Chromorange

Eine Taktiktafel im ZDF-Sportstudio – und schon war Ralf Rangnick 1998 landläufig nur noch der Fußballprofessor. Für so etwas gäbe es heutzutage nicht mal mehr einen Master of Arts. Der Fußball ist ein hochkomplexes Gebilde – und eine Jobmaschine – geworden. Allein die Bundesliga beschäftigte in der vergangenen Spielzeit über 50.000 Menschen, 10.000 mehr als noch vor fünf Jahren. Wir stellen die wichtigsten Berufe vor.

Athletiktrainer: Man weiß es nicht, aber Felix Magath hat sich 2006 vor Schreck bestimmt seine Zunge an einem Schluck heißem Tee verbrannt, als er hörte, dass Jürgen Klinsmann so einen modernen Fachmann mit Gummi-Twist und anderem Fitness-Firlefanz aus den USA importiert hatte. Anschließend brach sich Per Mertesacker an der sogenannten Koordinationsleiter fast die Haxen. Dabei reicht ein guter, alter Medizinball – je abgewetzter, desto besser – völlig aus. Zumindest sieht Magath das so.

Busfahrer: Sie trifft nun wahrlich am wenigsten Schuld, wenn das Team die 90 Minuten vollkommen vergeigt hat. Und doch sind ausgerechnet Busfahrer die Leidtragenden. Mit gehörigem Geschick navigieren sie ihren Tross durch aufgewühlte Menschenmassen und johlende Fans. Die Verursacher des ganzen Tohuwabohu sinken derweil in ihre Sitze, hören mit großen weißen Kopfhörern ihre Lieblingsmucke und gucken Twitter.

Business Developer: Alles, aber wirklich auch alles dient im Fußball bekanntlich dem sportlichen Erfolg. Nun sind ein paar Milliönchen mehr in der Kasse dafür ganz praktisch. Das Ärgerliche: Die Millionen fließen vor allem in der Champions League. Die eigentliche Crux ist nun, ohne tolle Siege trotzdem irgendwo genug Geld einzunehmen. Das ist Sache des Business Developers, der so etwas wie der Zukunftsforscher des Fußballs ist.

CSR-Manager: Aus der großen Dreifaltigkeit der Nachhaltigkeit (sozial, ökologisch, ökonomisch) wird im Sport die Vierfaltigkeit (sportlich). Komischerweise werden CSR-Verantwortliche gerne der Marketingabteilung zugeordnet. Verbirgt sich dahinter vielleicht nur ein Trick?

Customer Relationship Manager: Gewieft muss man sein, damit der Eintritt zahlende Stimmungsmacher glücklich in seiner Rolle aufgeht. Wehe, dieser muckt wegen zu hoher Ticketpreise auf, weil er merkt, dass ohne sein Trara viel weniger vor der Mattscheibe mitfiebern. Dann wird der CRM-Verantwortliche wohl gleich seinen Kompagnon, den an späterer Stelle noch zu beschreibenden Fanbetreuer, zum Krisengipfel herbeibeordern.

Ernährungsberater: Oder auch High Performance Specialist. Solche Leute arbeiten meistens in Spanien. Die besten Ernährungsberaterhonorare werden beim BVB bezahlt. Und überhaupt: Heutige Nationalspieler süppeln vor laufender Kamera ja nur noch alkoholfreie, angeblich isotonische Getränke des eigenen Biersponsors. Die Moral von der Geschichte? Bloß nicht vom Ernährungsberater mit Junkfood erwischen lassen.

Nach dem Auffliegen des NSU hieß es: nie wieder. Im sächsischen Freital scheint es dennoch zu passieren – eine rechte Terrorgruppe entsteht. Wie es so weit kommen konnte, lesen Sie in der Titelgeschichte der taz.am wochenende vom 9./10. April. Außerdem: Warum der schwule iranische Schriftsteller Payam Feili in Israel Asyl beantragt. Und: Bierforscher Gunther Hirschfelder erklärt, warum wir noch immer am 500 Jahre alten Reinheitsgebot hängen. Am Kiosk, eKisok oder im praktischen Wochenendabo.

Fanbetreuer: Wenn sich irgendwer für einen Quereinstieg als Diplomat in den Krisengebieten dieser Welt eignet, dann der Fanbetreuer. Vom Club bezahlt, muss er zwischen Fans und Management moderieren, ohne als intriganter Spion zu gelten. Erst Mitte der 90er Jahre gab es die Ersten dieser Spezies. Inzwischen ist das für jeden Bundesligisten ein zwingendes Muss. Ihren Stellenwert würdigte die Deutsche Fußball-Liga im Jahre 2009 in einem „Handbuch für Fanbeauftragte“.

Greenkeeper: Lieber Lodda, irgendwie kannst du dem Uli ja danken, dass er dir den Job als Greenkeeper verweigert hat! Große Geduld hätten die neuen Gärtnerkollegen mit dir nämlich nicht gehabt. Ist doch am Ende immer der Rasen schuld: zu lang die Halme, zu holprig, zu tief. Was auch immer. Noch ein Grund, froh zu sein: In Mönchengladbach übernimmt bereits eine automatische Anlage das Greenkeeping. Ist daher auch kein sicherer Posten mehr.

Internatsleiter: Sorgen dafür, dass keine pubertären Starallüren aufkommen. Mit solchen ist die Karriere nämlich vorbei, bevor sie beginnt. Und mit miserablen Schulnoten wird auch die alternative Karriere als Karrierebegleiter nix.

Karrierebegleiter: Kümmern sich auch um den Plan B, wenn für all die hoch veranlagten Talente ihr Traum vom Profi-Kickertum platzt. Diese können dann selbst Karrierebegleiter werden, vorausgesetzt, die Schulnoten stimmen.

Leistungsdiagnostiker: Man stelle sich Mario Basler nach dem Sommerurlaub beim Laktattest vor. Heutzutage verpetzen Leistungsdiagnostiker jeden Schlendrian umgehend beim Chef, vorausgesetzt, die sündigenden Spieler sind vorher nicht beim Athletiktraining umgekippt.

Mannschaftsarzt: Es handelt sich meist um einen Orthopäden, der in seiner Stadt gern auch die sieche Elite und diverse Honoratioren in seiner Praxis willkommen heißt. Dieser Sportmediziner kümmert sich um Verletzte, sehr oft aber auch um völlig Gesunde. Denn auch für die gibt es Mittel und Rezepte.

Marketingmanager: Quizfrage: Wem sagen die Begriffe „Sina Weibo“, „Tencent“ und „YouKu“ was? Allesamt chinesische Social-Media-Kanäle – und der FC Bayern hat schon Millionen Fans. #hipphipphurra.

Mediendirektor: Hält seinen Stab von gefühlt zehn Mitarbeitern dazu an, so zu tun, als gäben sie wichtige Informationen nach außen. Moderiert Pressekonferenzen, ist also im Fußballgeschäft ein klassischer Scheinriese.

Museumsführer: Ein Vorschlag für den Dauerzank zwischen Traditionalisten und Neureichen: Die TV-Gelder werden einfach anhand der Anzahl der verkauften Museumtickets vergeben (“Die wahre Quote“). Ein solches hat ja nun fast jeder Bundesligist, der etwas auf sich und die Glorifizierung der eigenen Vergangenheit hält. Auffällig dabei: Auch Traditionalisten verwenden den ihrer Meinung nach wohl trendigeren Begriff „Erlebniswelt“ an Stelle von Museum. Aber es heißt inzwischen ja auch Arena statt Stadion.

Physiotherapeut: Oftmals Freund und Vertrauter der Spieler. Hier kann sich der Spieler gehen und durchkneten lassen. Ist ein Meister in der Kunst des Schmerzensmanagements. Weiß manchmal mehr als der Mannschaftsarzt.

Scout: Von wegen Samba und Strand in Südamerika, inzwischen stehen die Scouts selbst in der verregneten Provinz an der verrosteten Bande und suchen unter zahllosen Jugendspielern nach den Millionenkickern von morgen.

Schiedsrichterbetreuer: Wetteifert mit dem Fanbetreuer um den kniffligsten Betreuerberuf Deutschlands.

Sicherheits- und Stadionverbotsbeauftragter: Sie spielen Hase und Igel – egal was die Sicherheitskräfte auch tun, die Bengalos sind immer schon da.

Sozialpädagoge: Wehe dem Sozialpädagogen, in dessen Nachwuchsleistungszentrum pubertierende Kicker eine für pubertierende Jungspunde typische Null-Bock-Mentalität entwickeln. Dann sind die potenziellen Millionentransfers von morgen nichts mehr wert, und ganz, ganz schnell hat auch jemand ganz anderes im Verein null Bock mehr – aber auf Sozialpädagogen.

Spielanalyst: Früher gab es Neunmalkluge, die behauptet haben, Fußball sei Rasenschach. Bei all den Daten und Zahlen, die inzwischen in Echtzeit durch die Gegend schwirren, hat man nun eher das Gefühl, Fußball ist Mathe. Das hat nichts mit Zirkel und Geodreieck zu tun.

Sportpsychologe: Noch ein Klinsmann’sches Vermächtnis: Der heuerte 2004 mit Hans-Dieter Hermann erstmals einen Psychologen für die Nationalmannschaft an. Während Hermann zehn Jahre später mit dem DFB-Team den WM-Titel feierte, sitzt Klinsmann nun im Land der Athletiktrainer als Fußballtrainer auf der Bank. Als Teil des Import-Export-Deals von einst.

Stadionsprecher: Sobald sie der Mode folgen müssen und in „Arenasprecher“ umgetauft werden, werden die aufrichtigen unter ihnen ihren Job quittieren.

Videonerd: Bei ihnen lautet das Motto: „Ja, ich will!“ Trainer Thomas Tuchel lotste den Videoanalysten seiner Wahl von Mainz nach Dortmund. Jürgen Klopp zog mit seinem an die Anfield Road. Ein dröger Job: aufzeichnen, analysieren, auswerten – in erfolgreichen und in erfolglosen Zeiten.

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