Helsinki in Erwartung der Trump-Show: „Wir bieten nur einen Treffpunkt an“

Eigentlich ist Ferienruhe in Finnlands Hauptstadt. Doch der Trump-Putin-Gipfel hat so manchen Urlaubsplan durcheinander gebracht.

Russische Matroschka-Puppen mit dem Konterfei von Putin und Trump

Die Souvenirläden in Helsinki haben sich schon vorbereitet auf das Treffen: Matroschka-Puppen im Schaufenster Foto: ap

HELSINKI taz | Finnland ist im Juli suljettu: geschlossen. Es herrscht Ferienruhe. Das gilt nicht nur für viele Fabriken, Verwaltungen und Geschäfte. Auch die Politiker machen Urlaub. Staatspräsident Sauli Niinistö versäumte es deshalb nicht, vor der Presse ausdrücklich zu erwähnen, dass er einen Ferientag opfern werde, um am Montag als Gastgeber für die Präsidenten der USA und Russlands zu fungieren: „Aber wenn es um wichtige Sachen wie den Frieden geht, mach ich das ja gerne.“

Mit der Wahl Helsinkis und des Präsidentenpalais Niinistös als Ort des Gipfeltreffens haben Trump und Putin nicht nur dem Hausherrn, sondern auch Tausenden Polizeibeamten einen Strich durch die Urlaubsplanung gemacht. Statt Fischen und Sauna am ­Seeufer stehen nun einige Tage außerplanmäßiger Dienst in Helsinki auf dem Programm.

Zwar rechne man nicht damit, dass es besonders unruhig werde, meint Juha Hakola, ­Kommunikationschef der Polizei, aber natürlich müsse man auf alles vorbereitet sein. Deshalb hätte er auch gar nichts gegen einen tüchtigen Regen, möglichst am Montagnachmittag, wenn gleich mehrere Demonstra­tionen stattfinden sollen, einzuwenden: „Dann würden wahrscheinlich viele gar nicht erst kommen.“

Doch den Gefallen dürfte ihm das Wetter nicht tun. Wie schon in den vergangenen Tagen soll sich Helsinki mit blauem Himmel und strahlender Sonne von seiner besten Seite zeigen.

Davon werden Trump und Putin allerdings vermutlich ähnlich wenig mitbekommen, wie Helsinki von seinen Besuchern. „Die Zeitungen schreiben, dass da dann alles abgesperrt sein wird“, sagt Rakel Kinnunen und deutet über die Schulter hinüber zum Präsidentenpalais. So wie jetzt mit Kollegin Mervi Mäki auf dem Kauppatori-Markt zu sitzen und Eis zu essen werde am Montag wohl kaum möglich sein.

Gelassenheit ist angesagt

Ist der Besuch nicht auch ein wenig spannend? „I wo!“, sagen die beiden Bankangestellten unisono. Mehr als Verkehrschaos habe Helsinki doch nicht von so einem Treffen. Ihre Haltung entspricht offenbar den Ergebnissen von Meinungsumfragen, die eine solche Einstellung bei der Mehrheit der HauptstädterInnen signalisieren.

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„Noch vor zehn Jahren hätten wir auf einen derartigen Gipfel stolz sein können“, meint Ex-Außenminister Erkki Tuomioja. Doch Trump und Putin repräsentierten das genaue Gegenteil der Werte, für die Finnland stehe. „Diese Länder stehen für Menschenrechtsverstöße und den Bruch internationalen Rechts“, sagt auch die grüne EU-Parlamentsabgeordnete Heidi Hautala. Dagegen müsse man kräftig protestieren. Doch was international vermutlich in Erinnerung bleiben werde, sei, dass Finnland eine neutrale Rolle spielen und nicht Stellung nehmen werde.

Petra Theman, Direktorin der Abteilung für „Öffentliche Diplomatie“ beim finnischen Außenministerium, hat ­Verständnis für solche Kritik: „Aber ­unser diplomatisches Prinzip war schon immer, dass es besser ist, von Angesicht zu Angesicht zu reden.“ Dazu wolle das Land auch jetzt die Möglichkeit geben: „Wir sind kein politischer Akteur, wir wollen nur einen Treffpunkt anbieten.“

Als Gastgeber für große internatio­nale Konferenzen und Gipfeltreffen der Supermächten hat Helsinki Routine. In der Finlandia-Halle, die jetzt als Medienzentrum für die 1.436 JournalistInnen aus 61 Ländern dienen wird, die sich zum Gipfel angemeldet haben, war 1975 von drei Dutzend Regierungschefs die KSZE-Schlussakte unterzeichnet worden.

Nicht das erste Spitzentreffen

Bundeskanzler Helmut Schmidt traf hier erstmals mit SED-Generalsekretär Erich Honecker zusammen, hier verhandelte George W. Bush 1990 mit Michail Gorbatschow und zuletzt, im März 1997, US-Präsident Bill Clinton mit dem russischen Präsidenten Boris Jelzin. Es ging um die Nato-Osterweiterung und um nukleare Abrüstung.

Während am Montag neben Pro-Trump- und Pro-Putin-Demonstrationen auch ein #resistgag-Protest gegen den Entzug von Geldern für Entwicklungsprojekte, die über Abtreibung aufklären, stattfinden soll, steht die vermutlich größte Kundgebung schon für Sonntag an. Die grünen InitiatorInnen von „Helsinki Calling“ hoffen auf mindestens 10.000 TeilnehmerInnen, die für Menschenrechte und Demokratie, Umwelt- und Klimaschutz demonstrieren wollen.

Und wenn nichts Außerplanmäßiges passiert, wird am Dienstag in Helsinki wieder die Juli-Ruhe einkehren. Rakel und Mervi können am Kauppatori wieder Eis essen, Kameras, Scheinwerfer und Kabel werden eingepackt, und in der Finlandia-Halle wird es ein Björk-Konzert geben. Und die Polizeibeamten dürfen ihren wohlverdienten Urlaub fortsetzen.

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