Hertha BSC im Formtief: Alles eine Frage der Interpretation

Nach der Heimniederlage gegen Hannover 96 rückt Hertha näher an die Abstiegsränge. Die Verantwortlichen finden das nicht so schlimm – schließlich sei das Spiel besser gewesen.

Düstere Minen schon bei der Vorstellung des neuen Übungsleiters im Dezember: Michael, der Trainer (l.) und Michael, der Manager. Bild: dpa

BERLIN taz | Von Dieter war viel die Rede, auch in Berlin. Vor Dieter, dem Hoch mit seinem Frost aus Ost, fürchtete man sich, nicht nur bei der Hertha: Dieter könnte die Muskeln lähmen. Aber das Problem sollte Michael lösen, der Trainer: Er sollte den Herthanern Beine machen. Michael, der Manager, wiederum meinte, das hätte Michael, der Trainer, schon recht gut gemacht. Dabei hatte Michael, der Trainer, gerade mit seiner Mannschaft verloren. Wegen Mohammed, dem Stürmer: Der spielte in der gegnerischen Mannschaft und schoss Mitte der zweiten Hälfte ein Tor - zum Leidwesen von Michael (Skibbe), dem Trainer, und Michael (Preetz), dem Manager. Und zum Leidwesen aller Hertha-Fans.

Die Hertha hat die dritte Pleite in Folge eingefahren, 0:1 hieß es am Ende gegen das abgezocktere Team von Hannover 96. "Wir haben es leider versäumt, uns mit einem Sieg oder einem Unentschieden selbst zu belohnen", sagte Trainer Michael Skibbe nach der Partie. Das in der ersten Halbzeit gefällige, in der zweiten Halbzeit nur noch engagierte Spiel der Hertha ließ tatsächlich hoffen. Chancen, sich selbst zu belohnen, hatte die Hertha zuhauf. Aber ein Tor und null Punkte aus zwei Heimspielen und einem Auswärtsspiel sind kein guter Rückrundenauftakt. 14 Spiele bleiben der Hertha, um nachzubessern. 14 Spiele, in denen man wohl immer gegen den Abstieg spielen wird.

Die Berliner, ohne die eminent wichtigen Raffael und Christian Lell, legten gut los. Die Gäste aus Hannover hingegen agierten im gesamten ersten Abschnitt seltsam passiv. Von den Kreativzentren der Niedersachsen war nichts zu sehen, die durch den Ausfall des beim Africa Cup weilenden Karim Haggui geschwächte Defensive wackelte ein ums andere Mal. Erst recht, als der in die Innenverteidigung gerückte Christian Schulz verletzt ausgewechselt wurde. Herthas Dilemma: Man traf trotz bester Chancen nicht.

Einer Mannschaft mit Bundesligareife, so führte der Gast aus Niedersachsen in der zweiten Hälfte eindrucksvoll vor, reichen wenige gute Momente. Abdellaoue demonstrierte das in der 68. Minute: Ein Schuss, ein Strich - und Thomas Kraft im Hertha-Tor hatte keine Abwehrchance. Skibbe konstatierte einen "Sonntagsschuss" und das Glück auf Seiten der Hannoveraner. Dieses Glück hatte sich Hannover aber erarbeitet: Nach dem Wechsel brachte Hannover 96 seine Stärken - schnelles Überbrücken des Mittelfeldes, Flügelspiel - besser zur Geltung.

Spielfluss Mangelware

Die Hertha hielt - auch nach einer gelb-roten Karte gegen den Bundesliga-Debütanten Sebastian Neumann eine Viertelstunde vor Schluss - im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten bis zum Ende dagegen. Spielfluss und Kombinationen aber waren Mangelware bei der Hertha in den zweiten 45 Minuten, die Aktionen wirkten nur noch bemüht. Ein Konzept war nicht mehr erkennbar.

In Berlin wird es sehr schwer werden, die Klasse zu halten. Sicher, das Fehlen Raffaels, auch jenes der Defensivkräfte Andre Mijatovic und Christian Lell waren mit schuld an den Pleiten der letzten Wochen. Der Misserfolg hat dabei weniger mit dem Trainerwechsel zu tun: Taktisch und im Kombinationsspiel zeigte sich die Hertha verbessert. Vielleicht aber sind die Möglichkeiten in der Offensive zu beschränkt. Ein Raffael alleine wird nicht reichen. "Es ist sehr schade, dass der Aufwand nicht wenigstens mit einem Unentschieden belohnt wurde", sagte der 46 Jahre alte Skibbe und schimpfte dann noch ein bisschen auf den Schiedsrichter. Er sei weit entfernt davon, "etwas schönzureden". Manager Michael Preetz befand: "Das ist deutlich besser gewesen als zuletzt."

Am kommenden Samstag reist Hertha zum Duell der Krisenteams nach Stuttgart, eine wegweisende Partie. Zuvor spielt man am Mittwoch im Pokal gegen Gladbach. Ein Weiterkommen im Pokal und Träume vom Endspiel im eigenen Stadion sind der Hertha vielleicht gar nicht zu wünschen: Man wird alle Konzentration und alle Kräfte für den Klassenerhalt brauchen.

Michael, der Trainer und Michael, der Manager sehen unruhigen Zeiten entgegen in Berlin.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.