Hilfe für Mondscheinkinder: Kein Geld für Sonnenmilch

Krankenkassen verweigern sich einer pauschalen Regelung, bei UV-Intoleranz den Sonnenschutz zu zahlen. Korrekt, sagt die Regierung.

Sonnencreme schützt - auch gesunde Kinder. Bild: ap

BERLIN taz | Patienten, die unter dem seltenen, unheilbaren Gendefekt „Xeroderma Pigmentosum“ leiden, besser bekannt als Mondscheinkrankheit, werden auch künftig in jedem Einzelfall bei den Krankenkassen um Erstattung ihrer Sonnenschutzmittel streiten müssen.

Die Bundesregierung will keine pauschale Regelung herbeiführen, die dafür sorgen würde, dass bei nachgewiesener XP-Erkrankung die Kassen die Kosten für UV-Fensterschutz, Sonnencreme und UV-sichere Kleidung automatisch tragen. Das geht aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Kathrin Vogler (Linke) hervor: „Haut- und Sonnenschutzmittel sind Kosmetika und als Gegenstände des täglichen Bedarfs anzusehen“, urteilt die Regierung. „Ein grundsätzlicher Anspruch auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse besteht daher nicht.“

Mehrere Krankenkassen weigern sich, ihren Versicherten die Kosten zu erstatten; bestenfalls gibt es Einzelfallentscheidungen auf Kulanzbasis (taz vom 7. 5. 2013). Paradox: XP ist keine Allergie gegen Sonnenlicht, sondern eine tödlich verlaufende Krankheit. Bundesweit leiden etwa 80 Menschen an ihr.

Der Gendefekt hebelt den körpereigenen Mechanismus aus, selbst kleinere, durch Sonnenlicht verursachte DNA-Schäden allein zu reparieren. Hautkrebs ist die Folge, viele Patienten müssen mehrfach jährlich operiert werden. Diese Kosten tragen die Kassen, die für die Prävention dagegen nicht.

Medikamente gibt es derzeit nicht

Die Bundesregierung räumt ein: „Eine medikamentöse Therapiemöglichkeit gibt es bisher noch nicht. In der Dermatologie besteht Einigkeit darin, dass nur konsequentes Meiden von Sonnenlicht, die Anwendung von Sonnenschutzcremes und Sonnenschutzkleidung als präventive Maßnahme helfen, die Entstehung bösartiger Hauttumore (…) zu vermeiden.“

Konsequenzen mag sie daraus aber nicht ziehen: „Das Patientenrechtegesetz räumt jedoch weder der Bundesregierung noch dem Beauftragten für die Belange der Patienten das Recht ein, bezüglich bestimmter Leistungen auf die gesetzlichen Krankenkassen einzuwirken.“

Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht 2005 in einem Urteil festgestellt, dass Heilmittel, die zwar nicht zum gesetzlichen Leistungskatalog der Kassen gehören, aber Linderung bringen, Patienten mit lebensbedrohlicher Krankheit nicht einfach verweigert werden dürfen, wenn keine Behandlungsalternative existiert.

Der Präsident des Berufsverbands Deutscher Dermatologen, Klaus Strömer, nannte die Argumentation von Regierung und Kassen „zynisch“. Für XP-Patienten sei Sonnenschutz kein „Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens“, sondern eine Entscheidung über Leben und Tod.

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