Hisbollah jubelt über Austausch: Ein nationaler Feiertag

Die Hisbollah bewertet die Heimkehr ihrer "Kämpfer" als Sieg gegen Israel - und wird neue Forderungen stellen.

Die Hisbollah feiert den Austausch als Sieg: Miliz-Chef Hassan Nasrallah Bild: dpa

KAIRO taz "Leid in Israel, Freude im Libanon", ist auf den Transparenten in Naqura auf der libanesischen Seite der Grenze zu Israel zu lesen. "Die Unterschrift von Olmert und Peres unter diesen Austausch kommt der offiziellen Anerkennung des Scheiterns des Krieges vor zwei Jahren gleich", sagte Nabil Kaouk, der Hisbollah-Kommandeur im Südlibanon.

Tatsächlich ist die Stimmung auf libanesischer Seite festlich. Zwischen den Bananenhainen sind die gelben Fahnen der Hisbollah, aber auch die libanesische Zedernflagge angebracht. Die Mitte der Straße ziert ein roter Teppich für den Empfang der aus israelischer Gefangenschaft übergebenen fünf lebenden Libanesen, allen voran Samir Kantar. Für die Libanesen ein Nationalheld.

Mit dem Austausch ist nun das letzte Kapitel des Libanonkrieges geschlossen, bei dem 1.200 Libanesen, meist Zivilisten, und 160 Israelis, die meisten Soldaten, umgekommen waren. Begonnen hatte dieser Abschluss am Morgen, als Vertreter der Hisbollah zwei schwarze Särge mit den Überresten der beiden israelischen Soldaten übergaben. Am frühen Nachmittag trafen dann in Naqura die ersten der 200 Särge mit im Libanonkrieg gefallenen Hisbollah-Kämpfern, aber auch mit den Leichen einiger Palästinenser ein. Die prominenteste unter ihnen: Dalal Mughraby, eine Palästinenserin, die als 19-Jährige 1978 in Israel als "Küstenstraßenmörderin" bekannt wurde und für die Palästinenser eine Widerstandsikone als einer der ersten weiblichen Kämpfer darstellt.

"Die Lektion lautet, dass sich mit der Verschleppung von israelischen Soldaten die Ziele effektiver erreichen lassen als durch Verhandlungen", sagt die Hisbollah-Expertin Amal Saad-Grorayeb.

"Der Deal ist zweifelsohne ein Sieg für die Hisbollah, da ihre Bedingungen erfüllt wurden und Israel nichts erreicht hat", schreibt Nabil Abu Munsef in der nicht als Hisbollah-freundlich bekannten libanesischen Tageszeitung Al-Nahar. Tatsächlich scheint die Hisbollah heute stärker denn je. Militärisch hat sie ihr Arsenal seit dem Libanonkrieg wieder aufgefüllt und besitzt heute noch modernere Waffen als zu Zeiten des Krieges vor zwei Jahren. Die Entwaffnung der Hisbollah, wie von der UN-Resolution 1501 gefordert, ist heute im Libanon kein Thema mehr. Die Hisbollah hat mit der Formung einer libanesischen Einheitsregierung ihre Bedingungen für die Zusammensetzung der Regierung in Beirut durchgesetzt. Nun besitzt sie ein Vetorecht, mit dem sie alle strategischen Entscheidungen der Regierung gegen die Schiitenmiliz blockieren kann.

Als einziger wunder Punkt der Hisbollah gilt ein Imageverlust, den die Organisation innerhalb des Libanon erlitten hatte, nachdem sie ihre Kämpfer im Mai auf den Straßen Beiruts als Miliz bei blutigen Auseinandersetzungen gegen Anhänger der Regierungsmehrheit eingesetzt hatte. Zuvor hatte die Hisbollah stets versprochen, ihr militärisches Potenzial niemals innerhalb des Landes einzusetzen. Mit dem Austausch will die Hisbollah diese Zeit vergessen machen. So legte sie wert darauf, immer wieder zu unterstreichen, dass es sich bei den Rückkehrern nicht nur um Hisbollah-Kämpfer handelt. "Viele sind Säkularisten, Linke, und sie gehören zu allen libanesischen Religionsgruppen. Gerade diese Mischung symbolisiert einen seltenen Moment der libanesischen Einheit", betont Ibrahim Mussawi, Chefredakteur der Hisbollah-Wochenzeitung Intiqad, im Fernsehsender al-Dschasira.

Eine offizielle Empfangszeremonie für die freigelassenen Libanesen, die am Flughafen von Beirut für den Nachmittag angesetzt worden war, sollte noch einmal die Einheit der neuen libanesischen Regierung unterstreichen. Dort stand nicht nur der libanesische Präsident Michel Suliman, sondern auch der Premier Fuad Siniora bereit, der den Austausch als "einen Erfolg für den ganzen Libanon" bezeichnet hatte. Um dies zu unterstreichen, hatte die Regierung einen nationalen Feiertag ausgerufen. KARIM EL-GAWHARY

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