Hitler bei Madame Tussauds: Madame Tussauds heilt Hitler

Das Wachsfigurenkabinett will die Diktatoren-Puppe reparieren und wieder an ihrem alten Platz ausstellen. Der Leiter der Widerstand-Gedenkstätte kritisiert dies

Was ist schöner? Das Hitler-Kabäuschen im Berliner Wachsfiguren mit Diktator und ohne Bild: Reuters

Das Wachsfigurenkabinett hat entschieden: Hitler kehrt zurück. Bei Madame Tussauds ist man gerade dabei, die Wachsfigur des Diktators zu reparieren. "Sie wird so schnell wie möglich wieder in die Ausstellung integriert werden", heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Adolf Hitler stehe "für einen entscheidenden Teil in der Berliner Geschichte, der nicht verleugnet werden kann".

Der Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Johannes Tuchel, findet die Begründung "unsinnig und unangemessen". Sie zeuge von einer "grandiosen Selbstüberschätzung" eines auf Unterhaltung ausgerichteten Unternehmens. "Madame Tussauds ist wirklich nicht das einzige Museum in Berlin, in dem man sich über Geschichte informieren kann", fügte Tuchel hinzu.

Auch Thorsten Wöhlert, Sprecher des Kulturstaatssekretärs André Schmitz, macht auf die Geschmacklosigkeit aufmerksam. "Man kanns nicht verbieten. Es ist erlaubt, aber geschmacklos", sagte Wöhlert.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland äußert sich zurückhaltend. "Ich bin nicht unglücklich, wenn die Figur nicht wieder aufgestellt wird", so der Generalsekretär des Zentralrates, Stephan Kramer.

Am Samstag hatte gleich einer der ersten Besucher der Hitlerpuppe den Kopf abgerissen. Frank L. hatte sich schon vor Eröffnung des Berliner Wachsfigurenkabinetts unweit vom Brandenburger Tor in die Schlange eingereiht. Kaum hatte der 41-jährige Hartz-IV-Empfänger die 18,50 Euro für den Eintritt bezahlt und die Ausstellung betreten, steuerte er auf die angeblich 200.000 Euro teure Hitlerpuppe zu und riss ihr den Kopf ab. "Berlin darf nicht die Pilgerstadt der Neonazis werden", erklärt Frank L im Gespräch mit der taz. Er bereue die Aktion nicht, würde sie aber auch nicht wiederholen.

Nachdem es im Vorfeld der Eröffnung Diskussionen über die Hitlerpuppe gegeben hatte, sah sich das Figurenkabinett veranlasst, neben Hitler auf einer Informationstafel auf die Naziverbrechen hinzuweisen.

Bis auf Lothar Bisky, den Parteichef der Linken - der das Zerstören der Hitlerpuppe "kulturlos" fand -, wollten Grüne, SPD und CDU die Hitlerfigur nicht wieder ausgestellt sehen.

In einem Gespräch mit der taz sagte Frank L. am Sonntag: "Auch schlechte Werbung ist gute Werbung." Wovon Madame Tussauds seit Samstag jede Menge bekommt. HATICE KILICER

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