Hochschulen: Berlin plant an Uni-Bedarf vorbei

Die Zahl der Studienanfänger an staatlichen Hochschulen sinkt. Die Privat-Unis hingegen boomen, weil sie gefragte Fächer wie etwa Mediendesign anbieten.

Hier sollten noch mehr Studis sitzen: Erstsemesterveranstaltung an der HU Bild: dapd

Von wegen Studi-Magnet: Die Zahl der Uni-Anfänger in Berlin ist rückläufig. Bereits zum zweiten Mal in Folge sank die Zahl der Einschreibungen ins erste Hochschulsemester an den staatlichen Hochschulen und Universitäten: Im Wintersemester 2013/14 immatrikulierten sich 23.615 Studierende neu. Im Wintersemester 2012/13 waren es noch 24.436 Studierende gewesen, im Vorjahr noch mehr.

Warum das so ist, wollte die grüne Hochschulexpertin Anja Schillhaneck wissen. Sie stellte im Abgeordnetenhaus eine Kleine Anfrage an die zuständigen Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Die Antwort, die nun vorliegt, nennt Schillhaneck „besorgniserregend“: Während die Studienanfängerzahlen an den staatlichen Unis sinken, boomen die privaten Hochschulen: Deren Studienplatzzahlen entwickeln sich stetig aufwärts, von 2.834 Plätzen im Jahr 2009 bis hin zu 4.626 im Jahr 2013. Demgegenüber haben die staatlichen Hochschulen ihr Platzangebot lediglich von 22.902 auf 25.882 Plätze aufstocken können. „Die privaten Studienanbieter besetzen stark nachgefragte Bereiche, die von den staatlichen Hochschulen nicht genug abgedeckt werden“, hat Schillhaneck herausgefunden. Das seien neben Medien-, Gestaltungs- und IT-Studiengängen auch Studien im Gesundheitsbereich. Vor allem die sogenannten Bindestrich-Bachelor-Studiengänge, die auf ein konkretes Berufsfeld ausgerichtet seien, erfreuten sich bei Studierenden großer Beliebtheit. Sie würden aber vor allem an den Privatuniversitäten angeboten.

„Es ist ein Armutszeugnis für Berlin als Hochschulstandort, dass man seit Jahren versäumt hat, auf den Bedarf zu reagieren“, findet die grüne Hochschulexpertin. „Die Zahlen zeigen, dass wir insgesamt zu wenige Studienplätze haben.“ Vom Senat wollte sie wissen, wie sich die rückläufigen Studienzahlen auf die Hochschulfinanzierung auswirke – die Zuwendungen aus dem Hochschulpakt werden schließlich auch nach Zahl der Studienplätze zugeteilt. Die Antwort aus der Wissenschaftsverwaltung: Man ermittle die Zuweisungen auf Basis der Daten mehrerer Jahre, sodass sich Schwankungen zwischen einzelnen Jahren ausgleichen könnten.

Schillhaneck hat indes herausgefunden, dass die Berliner Wissenschaftsverwaltung nicht nur die Plätze der vom Land getragenen Vertragshochschulen an den Bund meldete, sondern auch alle Plätze der privaten und konfessionellen Hochschulen: Im Länderbericht des Hochschulentwicklungszentrums CHE entspricht die Zahl der vom Land Berlin gemeldeten Studienplätze exakt der Gesamtheit aus privaten und staatlichen Plätzen. Das würde bedeuten, dass das Land seinen Finanzbedarf künstlich in die Höhe gerechnet hat, um an die Bundesmittel zu kommen. Ob diese Meldepraxis auch nach 2010 fortgeführt wurde, wollen die Grünen jetzt im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses prüfen lassen.

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