Höhere Gaspreise für Schnäpp­chen­jä­ger: Geiz ist eben nicht geil

Verbraucherzentralen beklagen, dass die ehemalige Kundschaft von Billiganbietern mehr zahlen soll. Die Kritik ist unberechtigt.

blaue Gasflamme auf einem Kocher

Wer kocht schon gern auf kleiner Flamme Foto: imago

Den Preis fürs Ausleben der Geiz-ist-geil-Mentalität hierzulande zahlen sonst Tex­til­ar­bei­te­r:in­nen in Asien oder Klein­bäue­r:in­nen im Globalen Süden. Bei der aktuellen Versorgung mit Gas schlägt die Schnäppchenjagd auf viele Ver­brau­che­r:in­nen zurück: Weil ihr Billiganbieter den Vertrag gekündigt hat, müssen sie in die sogenannte Grundversorgung und sollen dort einen höheren Preis zahlen als Bestandskund:innen.

Ein Argument der Grundversorger: Für die Neuen muss zum bereits bestellten Gas neues zugekauft werden, das besonders teuer ist. Die Empörung ist groß, Verbraucherzentralen regen sich mächtig auf und gehen deshalb gegen Grundversorger vor. Das ist falsch.

Um es gleich vorwegzunehmen: Betroffen von den Kündigungen sind in erster Linie nicht die Ärmsten, denn die werden von Billiganbietern oft wegen zu geringer Bonität abgelehnt. Und auch bei allen anderen ist nicht einzusehen, warum sie jetzt für jene Pfen­nig­pfuch­se­r:in­nen aufkommen sollen, denen alles egal ist, solange sie selbst einen guten Schnitt machen. Ohne unterschiedliche Tarife für neue und alte Kundschaft wären höhere Preise für alle die Folge.

Es stimmt, dass Ver­brau­che­r:in­nen den liberalisierten Energiemarkt schwer überblicken können. Viele können nicht einschätzen, wie tragfähig das Geschäftsmodell der Billiganbieter ist. Aber sie lassen sich auf das Risiko ein und sollten deshalb auch die Konsequenzen tragen, wenn es schiefgeht.

Grundsätzlich allerdings haben Risikoverträge in der Energieversorgung nichts zu suchen. Es braucht strenge staatliche Regeln. Dass das grün geführte Wirtschaftsministerium den aus den Fugen geratenen Markt in ver­brau­che­r:in­nen­freund­li­che Bahnen lenken will, ist richtig. Dabei zeichnet sich ab, dass Neu­kun­d:in­nen bei Grundversorgern nur übergangsweise einen höheren Tarif zahlen sollen. Sie würden langfristig nur den finanziellen Vorteil verlieren, den sie bei den Billiganbietern hatten. Das ist in Ordnung. Schließlich hatten arme Ver­brau­che­r:in­nen gar nicht erst die Gelegenheit, sich diesen Vorteil zu verschaffen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.