Holger Krawinkel wechselt die Seite: Kunden statt Verbraucher

Der langjährige Energieexperte der Verbraucherzentrale, Holger Krawinkel, arbeitet künftig für Stromanbieter MVV. Das gefällt nicht allen.

Freut sich auf die neue Herausforderung: Holger Krawinkel. Bild: dpa

BERLIN taz | In der energiepolitischen Debatte in Deutschland war er bisher eine kaum überhörbare Stimme. Ob in Anhörungen zu neuen Gesetzen, bei Podiumsdiskussionen oder als Interviewpartner für Medien aller Art: Holger Krawinkel hat in den letzten Jahren darum gekämpft, dass die Interessen der Verbraucher beim Thema Strom nicht völlig ignoriert wurden.

Doch damit ist nun Schluss: Nach zehn Jahren Tätigkeit als Energieexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) wechselt Krawinkel Mitte Juli zum regionalen Energieversorger MVV Energie, an dem die Stadt Mannheim, der Energiekonzern EnBW und die Kölner Rheinenergie beteiligt sind.

Dort soll der 57-Jährige eine neue Stabsabteilung für Kundenbedürfnisse leiten, teilte das Unternehmen mit – und rührte ordentlich die Werbetrommel: Mit der Berufung mache man „einmal mehr deutlich, dass für uns der Kunde im Mittelpunkt unseres Unternehmens steht“, ließ Vertriebsvorstand Ralf Köpfer mitteilen. Verbraucherzentralen-Chef Klaus Müller bedauerte den Weggang als „großen Verlust für den Verband“.

Krawinkel hatte in der Vergangenheit dazu beigetragen, die wachsenden Kosten der Energiewende als soziales Problem auf die politische Agenda zu setzen. Mit scharfer Kritik an der aus seiner Sicht zu teuren Solarförderung hatte er zwischenzeitig für Konflikte zwischen den traditionell verbündeten Umwelt- und Verbraucherverbänden gesorgt.

Mittlerweile hat Krawinkel, bedingt durch die stark gesunkenen Kosten, mit der Solarenergie seinen Frieden gemacht; zuletzt kämpfte er zusammen mit der Branche gegen die geplante Abgabe auf selbst verbrauchten Solarstom. Noch immer kritisch sieht er hingegen den weiterhin teuren Ausbau von Windenergie im Meer und Biomasse-Kraftwerken. Letztere spielen im Kraftwerkspark seines neuen Arbeitgebers eine wichtige Rolle. Auch bei der Frage, ob konventionelle Kraftwerke Subventionen erhalten sollen, vertrat der Verbraucherschützer bisher eine gegensätzliche Position zum MVV.

Krawinkel selbst sagt zu seinem Wechsel, er freue sich auf die „neue Herausforderung“. Einen Widerspruch zu seiner bisherigen Tätigkeit, bei der er eher aufseiten der Kunden gegen Stromkonzerne gekämpft hat, sieht er nicht. „Die neue Aufgabe hat viel mit meiner bisherigen Arbeit beim vzbv zu tun“, sagte er. Genau das sieht der Verein Lobbycontrol als Problem: „Der Verdacht liegt nahe, dass das Unternehmen sein Image aufbessern und von der Glaubwürdigkeit der Verbraucherzentrale profitieren möchte“, sagte Timo Lange, Sprecher des lobbykritischen Vereins, der taz.

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