Hormongift Bisphenol A: Schweden plant Komplett-Verbot

Die Chemikalie BPA ist zwar in Babyflaschen verboten, nicht aber in Zahnfüllungen oder Thermopapier. Die Regierung in Stockholm will das nun ändern.

Wissen Sie, ob Ihre Wasserrohre aus Plastik sind? Dann sind sie womöglich mit dem Hormongift BPA beschichtet. Na, prost! Bild: dpa

STOCKHOLM taz | Die Chemikalie Bisphenol A (BPA) soll in Schweden verboten werden. Umweltministerin Lena Ek legte eine lange Liste von Studien über negative Gesundheitsauswirkungen vor. Ihr Fazit: Am Gesundheitsrisiko von BPA gebe es keine ernsthaften Zweifel

Für eine Substanz mit hormonstörenden Eigenschaften könne man nicht – wie die EU das tue – Grenzwerte setzen, die sich am Risiko einer akuten Vergiftung orientierten. Da langfristige hormonelle Wirkungen möglich seien, helfe nur ein Totalverbot, um Langzeitschäden mit Sicherheit ausschließen zu können.

BPA ist ein hormonell aktiver Stoff, der im Körper ähnlich wie das weibliche Sexualhormon Östrogen wirkt. Es ist gleichzeitig eine der meistproduzierten Basis-Chemikalien und damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Chemieindustrie. Als Grundstoff zur Herstellung von Kunststoffen und Kunstharzen findet es sich beispielsweise in vielen Plastikprodukten, der Innenbeschichtung von Konservendosen, Zahnfüllungen, Lacken, dem Thermopapier von Quittungen und in Trinkwasserrohren. Aus diesen Produkten kann sich der Stoff lösen, vom menschlichen Körper aufgenommen werden und auch die Umwelt belasten.

"Vorsorgeprinzip vernachlässigt"

Schwedens Umweltministerin wirft der EU und ihrer Lebensmittelbehörde EFSA vor, trotz sich mehrender Alarmsignale nicht aktiv zu werden und damit gegen das Vorsorgeprinzip zu verstoßen: Jahrein, jahraus blockierten die Lebensmittelbehörden innerhalb der EU die Einschätzungen, die von den für die Risiken von Chemikalien zuständigen Behörden gemacht werden. Das sei unverantwortlich.

Die Ministerin verweist auf den Ende Januar von der EU-Umweltagentur EEA veröffentlichten „Late Lessons from Early Warning-Rapport“, der illustriere, wie teuer und folgenreich die Vernachlässigung des Vorsorgeprinzips werden könne. Es sei wichtig zu agieren, bevor irreparable Schäden eingetreten seien.

Keine Scheu vor Ärger mit der EU

Erst nach jahrelangem Zögern und nachdem Länder wie Kanada und Dänemark es vorgemacht hatten, verbot die EU 2011 zumindest BPA-haltige Babyflaschen. In Frankreich und Schweden gibt es mittlerweile ein Verbot von BPA in Lebensmittelverpackungen für Kleinkinder, und Frankreich will die toxische Substanz ab 2015 aus allen Lebensmittelverpackungen verbannen.

Stockholm schließt sich diesem Vorstoß nun an und will mehr: Man werde umgehend die Vorarbeiten für ein vollständiges Verbot von BPA in allen Anwendungen einleiten. Einen möglichen Konflikt mit der EU-Kommission werde man nicht scheuen, erklärte Ek. Primär aber wolle man für die Linie eines Totalverbots im EU-Parlament und in anderen EU-Staaten Verbündete gewinnen.

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