Humanitäre Hilfe für die Ostukraine: Rotes Kreuz will Mission leiten

Die Organisation soll Güter in die Ostukraine bringen. Wann die Mission starten kann, ist aber unklar. Derweil ist ein umstrittener russischer Hilfskonvoi bereits unterwegs.

Da soll's hingehen: Mitarbeiter des Rotes Kreuzes vor einer Ukraine-Karte. Bild: dpa

KIEW/MOSKAU/BRÜSSEL dpa/ap | Die notleidende Bevölkerung in der umkämpften Ostukraine kann mit internationaler Hilfe rechnen. Präsident Petro Poroschenko stimmte einem solchen Einsatz am Montag nach einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama zu. An der Mission unter Leitung des Internationalen Roten Kreuzes (IRK) sollen sich demnach Russland, die EU und andere Partner beteiligen, wie die Präsidialverwaltung in Kiew mitteilte.

Staatlichen Medienberichten zufolge haben bereits rund 280 Lastwagen mit Hilfsgütern die Region Moskau in Richtung Ostukraine verlassen. Wie das russische Fernsehen am Dienstagmorgen berichtete, hatten die Fahrzeuge humanitäre Hilfe im Umfang von 2.000 Tonnen geladen.

Reporter berichteten, der Konvoi sei Teil einer international vereinbarten Mission unter Leitung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. IKRK-Sprecher Andre Loersch hingegen sagte in Kiew, trotz der allgemeinen Übereinkunft aller Parteien lägen ihm keine Informationen über den Inhalt der Lastwagen vor. Er wisse auch nicht, wohin sie unterwegs seien.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) erklärte sich dazu bereit, die Federführung zu übernehmen. Nach Absprache mit russischen und ukrainischen Behörden könne das Rote Kreuz bald Hilfe leisten, teilte die Organisation in Genf mit. Vereinbart wurde demnach mit den Konfliktparteien, dass das IKRK seinen Grundsätzen entsprechend unabhängig und unparteiisch helfe.

Ohne Strom und Wasser

Die Lage in Lugansk und anderen Gebieten in der Ostukraine sei ernst, sagte der zuständige IKRK-Leiter, Laurent Corbaz. Dort wehren sich prorussische Separatisten seit Wochen erbittert gegen die Angriffe ukrainischer Regierungstruppen. Die Lage der Bevölkerung ist teils dramatisch. So waren in Lugansk bereits den neunten Tag in Folge rund 250.000 Bewohner bei Sommerhitze ohne Strom und Wasser.

Das Rote Kreuz reagiert nach den Worten Corbaz' auf die jüngste Forderung Russlands nach einer humanitären Mission. Die Details des Einsatzes müssten jedoch noch geklärt werden.

Russland hatte zuletzt immer wieder eine Hilfsmission gefordert und dem Westen „Blindheit“ für die Notlage der Menschen vorgeworfen. Die Regierung in Kiew befürchtet hingegen, dass Russland unter dem Vorwand humanitärer Hilfe auch Kämpfer und Waffen über die Grenze schaffen könnte. Die Bundesregierung betont, dass es einen Hilfseinsatz nur mit Zustimmung Kiews geben darf.

Washington missfällt, dass sich auch Russland daran beteiligen will. Die sei Grund zur Sorge, Russland könne die Mission als Vorwand für ein militärisches Vorgehen missbrauchen, sagte Außenamtssprecherin Marie Harf am Montag. „Russland hat kein Recht, in der Ukraine ohne die Erlaubnis Kiews zu intervenieren.“ Die USA würden die Entwicklung genau verfolgen. Russland habe erhebliche militärische Kräfte an der ukrainischen Grenze zusammengezogen, betonte Harf.

Zur Flucht geraten

Die Regierung in Kiew riet zudem den Bewohnern der umkämpften Regionen in der Ostukraine zur Flucht. „Für Zivilisten ist es besser, Donezk und Lugansk zu verlassen“, sagte Andrej Lyssenko vom Sicherheitsrat. Die „Anti-Terror-Operation“ werde fortgesetzt, in jeder Stadt gebe es Fluchtkorridore. Die Armee müsse schnell handeln, damit die Aufständischen sich nicht neu formieren und mit Nachschub ausrüsten könnten. Seit Beginn des Militäreinsatzes der prowestlichen Regierung in der Ostukraine seien inzwischen 568 Soldaten getötet und 2.120 verletzt worden, sagt Lyssenko.

Die moskautreuen Aufständischen fordern eine Waffenruhe, verlangen aber zugleich auch, dass sich die Regierungstruppen zurückziehen. Die Führung in Kiew lehnt eine Feuerpause ab und fordert, dass die Aufständischen zunächst ihre Waffen niederlegen.

Die sogenannte Anti-Terror-Operation begann im April, in den vergangenen Wochen nahm die Armee vor allem die Städte Donezk und Lugansk ins Visier. Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk sagte beim Besuch eines Militärkrankenhauses, es seien zurzeit 50.000 junge Männer beteiligt.

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