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Hybrid statt ElektroZoll-Schlupfloch für Chinas Autokonzerne

Weil E-Autos mit Strafzöllen belegt sind, importieren chinesische Autohersteller Hybride nach Europa. Das schadet aber auch dem Klima.

Der chinesische E-Auto-Riese BYD hat die Zahl seiner nach Europa exportierten Hybride verdreifacht Foto: getty images

Berlin taz | Chinesische Autohersteller verkaufen deutlich mehr Hybride nach Europa, seitdem die EU-Kommission die Importe von E-Autos aus China mit hohen Zöllen belegt hat. Das geht aus einer Erhebung des Branchendienstleisters Dataforce hervor, die dem Handelsblatt vorliegt.

Von Januar bis Juni wurden demnach allein vom chinesischen Marktführer BYD 20.000 Hybrid-Fahrzeuge in Europa zugelassen, dreimal so viele wie im ganzen Jahr 2024. Erst im Juni vergangenen Jahres wurde der erste Hybrid von BYD in Europa zugelassen.

Hybrid-Autos haben einen batteriebetriebenen Elektro- und einen Verbrennermotor. Letzterer wird verwendet, wenn die Batterie des Autos leer ist. Die chinesischen Modelle sind überwiegend Plug-in-Hybride, die an einer Steckdose aufgeladen werden können.

Mit dem Fokus auf die Hybride wollen die chinesischen Autokonzerne die Strafzölle umgehen, die die EU als Reaktion auf die staatliche Förderung der chinesischen E-Auto-Produktion verhängt hat. Sie gelten nur für reine E-Autos und sollen europäische Hersteller vor den extrem niedrigen Preisen der chinesischen Konzerne schützen.

Hybride deutlich klimaschädlicher als E-Autos

„Die fehlenden Zölle auf Plug-in-Hybride sind eine Gelegenheit, die chinesische Hersteller konsequent für sich nutzen“, sagte Charles Lester von dem auf Elektromobilität spezialisierten Analysehaus Rho Motion gegenüber dem Handelsblatt.

Die Denkfabrik Transport and Environment (T&E), die sich für eine klimafreundliche Verkehrspolitik einsetzt, kritisiert die Zoll-Ausnahme für Hybride: „Seit Jahren zeigen Tests, dass Plug-in-Hybride mehr CO2 ausstoßen als behauptet“, sagte der Deutschland-Direktor von T&E Sebastian Bock der taz. „Es ist absurd, Zölle auf saubere E-Autos zu erheben und verschmutzenden Fahrzeugen eine Freikarte zu geben. Das ist schlecht für das Klima und für die europäische Industrie.“

T&E hat in mehreren Studien festgestellt, dass Plug-in-Hybride mehr CO2 ausstoßen als von ihren Herstellern angegeben, unter anderem, weil die Hersteller unrealistische Verhaltensweisen der Au­to­fah­re­r*in­nen voraussetzen.

Zahlen von Rho Motion zufolge kostet das meistverkaufte E-Auto von BYD, der Atto 3, etwa 38.000 Euro. Davon machen die Zölle etwa 10.000 Euro aus. Der Seal U, der meistverkaufte Hybrid von BYD, kostet dagegen 40.000 Euro, ist aber nur mit 4.000 Euro Zoll belastet.

Chinesische Unternehmen verdoppelt Marktanteil

„Es war nur eine Frage der Zeit, bis die chinesischen Hersteller nach der Einführung der Sonderzölle ihre Strategie ändern, um ihre Rentabilität in Europa zu steigern“, sagte Beatrix Keim dem Handelsblatt. Sie ist Direktorin des Center Automotive Research in Duisburg.

Die EU-Kommission antwortete bis Redaktionsschluss nicht auf eine Anfrage der taz. Dem Handelsblatt zufolge ist in Kreisen der Kommission zu hören, „dass man das Schlupfloch mit den Teilstromern durchaus sehe“. Falls die EU auch Hybrid-Fahrzeuge zusätzlich bezollen will, müsste sie wie schon bei den E-Autos ein Antisubventionsverfahren einleiten.

Chinesische Autokonzerne haben ihren Marktanteil in Europa trotz der Zölle im vergangenen Jahr von etwa drei auf fast sechs Prozent verdoppelt, berichtet die Analysefirma Jato. Zählt man westliche Marken wie Volvo dazu, die chinesischen Konzernen gehören, liegt ihr Anteil sogar bei fast neun Prozent.

Marktführer ist weiterhin Volkswagen, gefolgt von Stellantis und Renault. Auf Platz neun taucht der erste chinesische Autohersteller auf: die Geely Group, zu der Volvo und Lynx gehören.

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1 Kommentar

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  • Wieso sind es "chinesische Hersteller", die "ihre Strategie ändern"?



    Es ist das ganz offizielle und ausgesprochene Ziel davon, eine Produktgruppe mit einem Strafzoll zu belegen eine andere aber nicht, die Einfuhr in Richtung auf die zweite hin zu lenken. Die EU hat diese Absicht beschlossen und sie hat ihr Ziel erfolgreich erreicht. Die chinesische Wirtschaft hat sehr wenig damit zu tun, sie reagiert nur in der gewünschten Weise auf Vorgaben.