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Hype um die ZedernussWunderwuzzi mit heikler Herkunft

Die Inhaltsstoffe sibirischer Zedernüsse lässt Ernährungswissenschaftler juchzen. Doch ein Rezept gibt es diesmal ausnahmsweise nicht – wegen Putin.

Sind an Kälte gewöhnt: Zedernüsse Foto: imago

O bacht! Hier kommt Nahrung fürs Hirn, im doppelten Sinne. Denn die Zedernuss ist nicht nur ein Wunderwuzzi in Sachen Inhaltsstoffen, darunter Omega-3-Fettsäuren, die den Denkapparat unterstützen sollen – doch dazu später mehr –, sondern bietet auch drumherum einiges an Wissen, das den meisten unbekannt sein dürfte. Das beginnt schon damit, dass die Zedernuss mitnichten vom Zedernbaum stammt, sondern von der Sibirischen Zirbelkiefer, einer nahen Verwandten der in europäischen Gebirgsregionen ansässigen Zirbe.

Im Vergleich zum ähnlich aussehenden mediterranen Pinienkern ist die Zedernuss also ein anderes Kaliber. Zu Hause ist sie in Sibirien, der Taiga und im Altaigebirge, das sich über Russland, Kasachstan, China und die Mongolei erstreckt. Wo sie wächst, ist es im Winter rau und eiskalt, und im Sommer mitunter brutzelheiß. An diese Extreme hat sich die Sibirische Zirbelkiefer angepasst und kann sehr alt und mächtig werden. Ihre Zapfen brauchen lange, um zu reifen, die Ernte ist mühsam und zeitraubend. Deswegen haben Zedernüsse einen hohen Preis.

Ehrlicherweise erkenne ich kaum einen geschmacklichen Unterschied zwischen Pinienkernen und Zedernüssen. Die Inhaltsstoffe der Sibirier sind jedoch sensationell – und sensationell selten; ihre Fettsäurezusammensetzung lässt jeden modernen Ernährungswissenschaftler juchzen. Zu einer Menge ungesättigter Fettsäuren kommt noch die seltene Pinolensäure, die es in den Pinienkernen kaum gibt. Sie soll bei Hungergefühl und zu hohem Cholesterin helfen und das Immunsystem stärken. Außerdem enthalten Zedernüsse die Vitamine B, E und K und Mikronährstoffe wie Eisen, Zink oder Mangan.

wochentaz

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Mal wieder ein echtes Superfood also, mit entsprechendem Hype, der leider auch ökologische Nachteile hat; so dringen Zedernusssammler immer weiter in unberührte Wälder vor und klauben den ortsansässigen Wildtieren ihre wichtige Winternahrung weg. Die Lösung? Mäßigung üben bei weitgereisten Lebensmitteln und lieber unsere eigenen lokalen Nüsse schätzen und nachfragen lernen! Zudem hat mich Putins Kriegstreiberei zur temporären Importverweigerin gemacht.

Rezepte für Zedernüsse gibt es von mir an dieser Stelle daher nicht. Wenn ich doch mal wieder welche mein Eigen nenne, nehme ich mir einfach ab und an eine Hand davon und genieße sie pur. Zum Kleinmachen und zum Bearbeiten finde ich sie ein bisschen zu kostbar. Auch auf Obst und in Müsli machen sie sich gut. In diesem Sinne, auch wenn diese Kolumne dieses Mal mehr den Verstand gefüttert hat als den Bauch: Guten Appetit!

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