IP-Adressspeicherung geplant: Schäuble will das Surfprotokoll

Bürgerrechtler warnen vor einem geplantem Gesetz, das die Speicherung der IP-Adressen von Internetnutzern erlaubt.

Ein Motiv, das bald zum Klassiker werden könnte: Plakat von einer Bürgerrechtsdemo in Berlin. Bild: ap

FREIBURG taz Die Bürgerrechtler vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung rufen zu Protesten gegen die von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplante Änderung des Telemediengesetzes auf. Die Regierung will Betreibern von Internetseiten erlauben, die IP-Adressen der Nutzer, die die Seite betrachten, zu speichern. An diesem Donnerstag wird die Regelung im Bundestag erstmals beraten.

Sie soll den Webseiten-Betreibern helfen, ihre Seiten gegen Angriffe von Hackern und andere Manipulationen zu schützen. Durch Auswertung der IP-Adressen kann etwa erkannt werden, wenn bestimmte Computer automatisiert immer wieder auf eine Seite zugreifen. Die IP-Adresse wird bei Privatnutzern jeweils neu vergeben, wenn sie sich ins Internet einwählen, ein Beispiel wäre die Ziffernfolge 91.18.254.206.

Der Branchenverband Bitkom begrüßt Schäubles Pläne. Die meisten Webseiten-Betreiber, etwa Online-Medien oder Online-Shops, schützen ihre Seiten schon heute, indem sie die IP-Adressen der Nutzer auswerten. Auf Klage von Datenschützern haben Gerichte dies teilweise unterbunden. Der Gesetzentwurf der Regierung legalisiert also diese weit verbreitete Praxis. Er enthält ein Recht zur Speicherung, keine Pflicht.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) kritisiert die Surfprotokollierung jedoch scharf. Unter dem Vorwand, dass Störungen abgewehrt werden sollen, könnten Firmen wie Google und Amazon das Surfverhalten auf ihren Seiten dauerhaft speichern. Außerdem könnten Sicherheitsbehörden auf diesen Datenfundus zugreifen. "Nur nicht erfasste Informationen sind sichere Informationen." Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern kritisieren den "weit auslegbaren" Gesetzentwurf ebenfalls.

Auf Anfrage der taz erklärte das Innenministerium aber, die Daten sollten nur so lange gespeichert werden, wie dies technisch notwendig ist. Die erforderliche Speicherdauer liege "typischerweise zwischen wenigen Stunden und einigen Tagen". Die Erstellung von Surfprofilen sei von der geplanten Regelung nicht gedeckt.

Inzwischen hat der Bundesrat die Kritik der Datenschützer aufgegriffen und Änderungen vorgeschlagen. So wird die Speicherung der IP-Adressen zwar nicht verboten, allerdings soll die Zweckbindung und die "unverzügliche" Löschung der Daten ausdrücklich vorgeschrieben werden. Doch die Regierung lehnt die vorgeschlagene Klarstellung bisher ab - obwohl sie angeblich nichts anderes will.

In einem eher kuriosen Beschluss von Ende Februar hat sich am Rande auch das Verwaltungsgericht Wiesbaden mit der Materie befasst. Dort klagte ein Bauer gegen die von der EU eingeführte Pflicht, die Agrarsubventionen im Internet zu veröffentlichen. Das Verwaltungsgericht legte den Fall dem Europäischen Gerichtshof vor, weil es so viel Transparenz unverhältnismäßig fand. In einer Nebenüberlegung hieß es, dass es auch den Bürgern nicht zuzumuten sei, sich über Agrarsubventionen im Internet zu informieren, denn auf der entsprechenden Webseite würden ihre IP-Adressen gespeichert. Außerdem werde im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung bei den Internetprovidern gespeichert, wann sich jemand allgemein ins Internet einwähle. Beides verstoße gegen europäisches Recht.

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