IS-Kämpfer erobern christliche Städte: Christen auf der Flucht

Nördlich von Mossul nehmen Islamisten vier weitere Städte ein, darunter die größte christliche des Irak. Die verfolgten Christen fliehen in Scharen in die kurdischen Gebiete.

Vergangene Zeiten: Irakische Christin bei einer Messe in Bagdad im Jahr 2009. Bild: ap

BAGDAD/PARIS dpa/afp/rtr | Die sunnitischen Rebellen des Islamischen Staates (IS) haben am Donnerstag im Norden des Iraks vier weitere Städte erobert. Die radikal-islamischen Kämpfer seien in der Nähe des Kurden-Gebietes vorgerückt, berichteten Augenzeugen. Sie hätten Machmur, Al Kwair und die überwiegend von Christen bewohnte Stadt Tal Kaif unter ihre Kontrolle gebracht. Nach Berichten von Augenzeugen haben die IS-Kämpfer auch die größte christliche Stadt des Landes, Karakosch eingenommen.

Bewohner von Tal Kaif berichteten, dass IS-Kämpfer die zuvor dort stationierten kurdischen Soldaten vertrieben hätten. Die meisten Familien seien daraufhin in die zum kurdischen Autonomiegebiet gehörende nördliche Provinz Dohuk geflohen. Damit sind die vor allem von Christen bewohnten Gebiete rund um Mossul in Hand der Dschihadisten.

Tal Kalif liegt rund 20 Kilometer nördlich von Mossul. Mossul wurde für den IS zur Operationsbasis, nachdem die Terrormiliz die Stadt Anfang Juni komplett erobert hatte. Nach Angaben der Vereinten Nationen flohen bisher rund 200 000 Menschen aus Angst vor der Schreckensherrschaft der IS-Extremisten.

Nach Angaben des obersten geistlichen Führers der chaldäischen Minderheit seien allein 100.000 Christen auf der Flucht vor den vorrückenden Dschihadisten. Die Kämpfer der IS seien dabei, Kreuze aus den Kirchen des Landes abzunehmen und religiöse Schriften zu verbrennen, sagte der christlich-chaldäische Patriarch Louis Sako am Donnerstag.

Angesichts des Vormarsches der Islamisten im Irak verlangt Frankreich eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius erklärte am Donnerstag in Paris, die internationale Gemeinschaft müsse handeln, um „der terroristische Bedrohung im Irak entgegenzutreten und Hilfe und Schutz für die bedrohte Bevölkerung zu leisten“. (afp)

Die Zahl der Christen im Irak wird auf etwa 400.000 geschätzt. Vor dem Einmarsch der US-Armee in das Zweistromland im Frühjahr 2003 wurde ihre Zahl noch mit zwischen einer Million und anderthalb Millionen angegeben. Die UNO spricht schon seit einiger Zeit von einem „Massenexodus“ der Christen. Nach der Eroberung Mossuls hatten die IS-Kämpfer den Christen ein Ultimatum gestellt und mit dem Tod gedroht. Seitdem fliehen die verbliebenen Christen in Scharen aus Mossul und der Provinz Ninive.

Asyl in Frankreich

In Frankreich sind am Donnerstagmorgen elf Christen aus dem Irak angekommen, die in dem Land vorläufig Asyl bekommen. Es handle sich um die ersten Christen aus dem Irak, die seit der Ankündigung der französischen Regierung angekommen seien, der von Islamisten verfolgten Minderheit vereinfacht Asyl zu gewähren, teilte die Hilfsorganisation AEMO mit. Die elf Flüchtling, alle Mitglieder einer Familie, zeigten sich bei ihrer Ankunft am Flughafen in Paris „erleichtert“. Die Lage vor Ort für die Christen im Irak beschrieben sie als „katastrophal“.

Die nun in Paris eingetroffenen irakischen Christen aus Mossul sind Verwandte des einstigen Erzbischofs Faradsch Raho, der im März 2008 dort entführt und ermordert worden war. Die Familie bekam daraufhin einen besonderen Schutz. Ihre Visa-Anträge für Frankreich hatten sie schon vor der Ankündigung der französischen Regierung gestellt. Ein Asyl-Visum ist zunächst sechs Monate gültig. Dann muss ein Antrag auf Flüchtlingsstatus genehmigt werden

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