piwik no script img

Illustres Demo-Bündnis für Gaza4 Blocks, drei Promis und zwei Staaten

Schauspieler Didi Hallervorden, Musiker Massiv und BSW-Chefin Sahra Wagenknecht werben für eine Gaza-Demo am Samstag. Sie grenzt sich auf Nachfrage von Extremisten ab.

Massiv, Wagenknecht und Hallervorden während der Pressekonferenz am Montag

Berlin taz | Was ist die Wahrheit über Gaza, möchte ein Journalist von Massiv wissen. Der Rapper, dessen Familie aus Palästina stammt, sitzt neben Sahra Wagenknecht und dem Schauspieler Didi Hallervorden auf einem Podium im Haus der Bundespressekonferenz. Massiv, Sonnenbrille, schwarzes T-Shirt, Tattoos, sagt: „Mein Steuerberater hat 72 Familienmitglieder verloren. Das ist die Wahrheit.“ Und: „Eine Zweistaatenlösung muss her.“

Massiv, bürgerlicher Name Wasiem Taha, ist seit einer Rolle in der Serie „4 Blocks“ berühmt. Vor Jahren hat er mal einen Post geteilt, der suggerierte, dass Juden an 9/11 beteiligt gewesen sind. Das sei ein „dummer Fauxpas“ gewesen, sagt er. Damals sei er noch Gangster-Rapper gewesen.

Vor dem Podium steht eine Wand von Kameras. Kein Wunder bei drei Medienstars. Wagenknecht, Hallervorden und Massiv rufen zu einer Demonstration am Samstag in Berlin auf: „Stoppt den Völkermord in Gaza“. Zugeschaltet werden der Soziologe Moshe Zuckermann aus Israel und Pink-Floyd-Gründer Roger Waters aus New York.

Warum diese Demo? In erster Linie: Moral. Massiv betont, dass er für das Goethe-Institut in der Westbank war und sagt, er wolle sich für „Völkerverständigung“ einsetzen. Für Hallervorden, der gerade 90 Jahre alt geworden ist und frisch und geistesgegenwärtig wirkt, geht es nicht um Schuldzuweisungen oder darum, „Gräben zu vertiefen.“ Aber der „Kinderfriedhof von Gaza“ werde immer bleiben. Für Hallervorden, jahrzehntelang FDP-Unterstützer, geht es auch um Meinungsfreiheit. Für die habe er sich schon in der DDR eingesetzt.

Abgrenzung auf Nachfrage

Wagenknecht redet analytischer, politischer. Sie verurteilt ungefragt den Anschlag der Hamas am 7. Oktober, der aber den Krieg, den Israel in Gaza führt, nicht rechtfertige. Sie erwähnt die rechtsradikalen Minister in der Netanjahu-Regierung, die offen für die Vertreibung der Palästinenser werben. Und Wagenknecht versucht – auf Nachfrage – Grenzen gegen Extremisten zu markieren. „Ich würde nie mit jemandem zusammen arbeiten, der das Existenzrecht Israels bestreitet“, so die Politikerin. Bei Roger Waters gibt es da allerdings eine Grauzone.

Zudem würden bei der Demonstration 100 Ordner darauf achten, so die BSW-Chefin, dass keine islamistischen Fahnen auftauchen. Eine Gesinnungsprüfung gebe es aber nicht. Der Antisemitismusvorwurf diene auch dazu, Kritik am Gazakrieg zu stigmatisieren. Wagenknecht glaubt, dass es am Samstag, anders als bei vielen anderen Palästina-Demos in Berlin, friedlich bleiben werde. Man sei mit der Berliner Polizei, der Übergriffe vorgeworfen wurden, in konstruktiven Austausch.

Schon in ihrem Auftakt-Statement steuert die BSW-Chefin auch ihr Lieblingsthema an. Man sei gegen die „wahnwitzige Hochrüstung“, die „sinnlos“ sei, weil „Drohnen gegen eine Atommacht nichts nutzen“. Wagenknecht wirbt dafür, im Ukrainekrieg Putins Sicherheitsinteressen zu respektieren. Gaza ist hier offenbar ein Mosaik­stein im Selbstbild des BSW, als einzige Kraft für Frieden zu sein. Und ein Feld, um sich gegen die Linkspartei zu profilieren.

Fernduell mit Ramelow

Auf Facebook kritisiert Wagenknecht den Linkspartei-Politiker Bodo Ramelow, der das Reden über ermordete Kinder in Gaza in die Nähe von Hamas-Propaganda und Antisemitismus gerückt hatte. „Die Linke hat beim Thema Gaza jede Glaubwürdigkeit verloren“, so Wagenknecht schneidend.

Nun ist Ramelow aber nicht die Linkspartei. Die tickt anders – und ruft für den 27. September ebenfalls zu einer Gaza-Demo auf. Hallervorden und Massiv sehen die parteipolitischen Positionierungen entspannt. Hallervorden erklärt: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“ Massiv sagt, er werde natürlich auch auf die Linken-Demo gehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare