Imagedebakel für Messe BioFach: Bioraps mit Kunstdünger

Rumänien ist Partnerland der Leitmesse BioFach. „Witzig“ finden das Branchenexperten. Denn wo öko drauf steht, ist noch lange nicht ... genau.

Schön gelb und bio: Wer denkt denn, dass dieser Raps mit Dünger belastet sein könnte? Bild: ap

NÜRNBERG taz | Es sind fantastische Steigerungsraten, die Rumäniens Biobranche Jahr für Jahr meldet. Allein 2012 habe sich die Zahl der Ökobetriebe in dem Land verdreifacht. 45 Prozent mehr Agrarfläche als im Vorjahr gelte als öko. Kann das noch mit rechten Dingen zugehen?

Nein, meinen deutsche Brancheninsider. „80 Prozent der Bioware aus Rumänien ist gar kein Bio“, sagt einer. Betrug sei an der Tagesordnung. „Deshalb ist es schon witzig, dass ausgerechnet Rumänien dieses Jahr Partnerland der BioFach ist“, erklärt ein Experte. Die weltgrößte Messe für Ökolebensmittel hat am Mittwoch in Nürnberg eröffnet.

Rumänien ist unter anderem wegen seines Klimas für Deutschland der wichtigste Importeur mehrerer Feldfrüchte. Das südosteuropäische Land lieferte zum Beispiel 2009/2010 dem Marktforschungsunternehmen AMI zufolge 48 Prozent der deutschen Raps-Einfuhren. So gut wie alle Ölmühlen in Deutschland sind auch auf rumänischen Raps angewiesen. Sie pressen aus den Samen etwa Speiseöl für Babykost.

Viel davon wird in Wirklichkeit entgegen den Bioregeln mit umweltschädlichen Pestiziden und Kunstdünger angebaut, erzählt ein deutscher Händler, der nicht namentlich genannt werden möchte. Er selbst habe 2011 große Mengen Raps aus Rumänien bezogen.

„Keine gewachsene Biobewegung“

Bei Labor-Untersuchungen wurde zum Beispiel das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat gefunden. „Es war so viel drin, dass es nur eine direkte Anwendung sein konnte.“ Auch in den anderen Chargen war Glyphosat. „Egal, von welchem Lieferanten.“ Andere Pestizide wurden in hunderten Tonnen Weizen und Sonnenblumenkerne festgestellt. Das Fazit des Händlers: „In Rumänien gibt es keine gewachsene Biobewegung. Das sind nur Geschäftemacher.“

Diesen negativen Eindruck bestätigt der taz auch ein Händler eines anderen Agrarunternehmens in Deutschland. Er erinnert sich an das Angebot eines Rumänen aus dem vergangenen Jahr über rund 20.000 Tonnen Biorohstoffe. „Die Preise lagen oft nur 10 bis 30 Euro pro Tonne über dem der konventionellen Ware. Ich dachte nur: Wie dreist!“ Denn damals kosteten Ökorohstoffe einige hundert Euro mehr als konventionelle. „Zu dem Zeitpunkt gab es keine Rapssaat mehr. Und dieser Rumäne hatte gerade angeblich 3.000 Tonnen liegen.“ Für den Händler war klar, dass hier herkömmliche Ware als Bio verkauft wird.

703.000 Tonnen konventionelle Ware mit Bioaufschlag

Auch in den bisher größten Skandal der Branche in Europa war Rumänien verwickelt. Vor allem von 2007 bis 2009 verkauften den Behörden zufolge mindestens 20 Betrüger 703.000 Tonnen konventionelle Ware mit Bioaufschlag unter anderem nach Deutschland, viel davon kam aus Rumänien. Zwar müssen sich Biobetriebe von einer behördlich überwachten Kontrollstelle inspizieren lassen. Doch in diesem Fall halfen zwei Mitarbeiter eines italienischen Kontrollunternehmens.

Der Leiter der Göttinger Kontrollstelle GFRS, Jochen Neuendorff, fordert deshalb, die Inspektionen auf allen Ebenen zu intensivieren. „Man muss überprüfen, ob die Ökolandwirte überhaupt genügend Bioflächen haben, um die Mengen zu produzieren, die sie verkaufen.“ Bei den Händlern müsse über Ländergrenzen hinweg abgeglichen werden, wie viel Bioware sie kaufen und verkaufen – stimmen die Zahlen nicht überein, wurden womöglich konventionelle Produkte beigemischt.

Rumäniens Agrarstaatssekretär Achim Irimescu dagegen weist die Betrugsvorwürfe zurück. „Das ist nicht wahr. Es gab nur einen Fall, und da kam viel Ware aus Italien.“ Die betroffenen Kontrollstellen seien nicht rumänische, sondern zum Beispiel italienische.

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