Impeachment gegen Trump: Jetzt geht's wirklich los

Noch an diesem Mittwoch will das US-Repräsentantenhaus dem Senat die Anklagepunkte übermitteln. Am Dienstag soll dann der Prozess beginnen.

Ein blonder Mann an einem Rednerpult mit offenem Mund

Gibt sich siegesgewiss: Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Milwaukee am Dienstag Foto: Phelps/ap

WASHINGTON ap/dpa | Der Beginn des Amtsenthebungsverfahrens gegen US-Präsident Donald Trump steht unmittelbar bevor: Die Demokraten im Repräsentantenhaus wollen an diesem Mittwoch die Übermittlung der Anklagepunkte an den Senat beschließen. Außerdem wollen sie festlegen, welche Abgeordneten die Anklage des Repräsentantenhauses in der anderen Parlamentskammer vertreten. Beide Schritte sind Voraussetzung für den formellen Start des Impeachment-Verfahrens im Senat, mit dem der Mehrheitsführer der Republikaner in der Kammer, Mitch McConnell, in dieser Woche rechnet.

Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, will bei einer Pressekonferenz in Washington am Mittwoch um 10.00 Uhr Ortszeit (16.00 Uhr MEZ) verkünden, welche Abgeordneten die Anklage im Senat vertreten sollen. Erwartet wurde, dass die Vorsitzenden des Geheimdienst- und des Justizausschusses, Adam Schiff und Jerry Nadler, darunter sein werden.

Eine Abstimmung im Repräsentantenhaus über die Übermittlung der Anklagepunkte und zur Bestätigung der Anklagevertreter wurde für den Nachmittag erwartet.

Trump wird vorgeworfen, seinen ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenski telefonisch zu Ermittlungen gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden aufgefordert, zugleich als Druckmittel längst bewilligte US-Militärhilfe für Kiew zurückgehalten und später die Ermittlungen im Repräsentantenhaus zu diesen Vorgängen blockiert zu haben.

Demokraten: neue Beweise gegen Trump

Am Dienstagabend legten die Demokraten neue Dokumente vor, die die Vorwürfe gegen Trump erhärten sollen. Es handelt sich dabei um Material von Lev Parnas, einem Vertrauten von Trumps persönlichem Anwalt Rudy Giuliani. Parnas soll nicht belegte Vorwürfe befeuert haben, wonach der ehemalige Vizepräsident Joe Biden und dessen Sohn Hunter in der Ukraine in Korruption verwickelt gewesen seien. Zu diesem Zweck soll Parnas in häufigem Kontakt zu Giuliani und ukrainischen Regierungsvertretern gestanden haben, wie aus den Dokumenten hervorgeht.

Darunter findet sich ein Bildschirmfoto von einem Brief Giulianis an Selenski vom 10. Mai 2019, also vor dem Amtsantritt des Staatschefs. Darin bemüht sich Giuliani in seiner Funktion als „persönlicher Berater von Präsident Trump“ um ein Treffen mit Selenski.

Überdies machten die Demokraten eine handschriftliche Notiz publik. Darauf steht: „Bring Selenski dazu, anzukündigen, dass der Biden-Fall untersucht wird.“ Parnas' Anwalt habe bestätigt, dass sein Mandant die Mitteilungen verfasst habe, erklärten die Demokraten.

Parnas' Material umfasst demnach von ihm übermittelte Telefondaten, Nachrichten und USB-Sticks und soll gemeinsam mit den Anklagepunkten gegen Trump an den Senat weitergeleitet werden. Parnas und ein Geschäftspartner waren 2019 wegen Verschwörung, Falschaussage und Dokumentenfälschung angeklagt worden. Staatsanwälte werfen ihnen vor, nach dem Erhalt aus Russland stammender Millionenbeträge übermäßig umfangreiche Wahlkampfspenden an Belange der Republikaner getätigt zu haben.

Nicht genug Stimmen, um Anklage abzuschmettern

Bereits vor Weihnachten hatten die Demokraten mit ihrer Mehrheit in der Kammer für die beiden Anklagepunkte Machtmissbrauch und Behinderung des Kongresses gestimmt. Mit dem formalen Schritt, die sogenannten Artikel zum Impeachment an den Senat weiterzuleiten und damit das Amtsenthebungsverfahren einzuläuten, zögerten die Demokraten aber. Hintergrund ist ein Streit mit den Republikanern über die Frage, wie genau der erst dritte Prozess dieser Art gegen einen Präsidenten ablaufen soll.

Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, sagte, falls das Repräsentantenhaus wie geplant am Mittwoch beschließen sollte, die Anklagepunkte an den Senat zu übermitteln, könnten noch in dieser Woche Schritte wie die Vereidigung des Vorsitzenden Richters am Supreme Court, John Roberts, erfolgen. „Das würde uns in die Lage versetzen, am nächsten Dienstag mit dem eigentlichen Prozess zu beginnen.“ Der oberste Richter der USA führt das Verfahren im Senat, das einem Gerichtsprozess ähnelt.

Die 100 Senatoren nehmen dabei die Rolle von Geschworenen ein, die über den Ausgang des Verfahrens entscheiden. Da die Republikaner im Senat mit 53 Sitzen die Mehrheit haben, wird erwartet, dass Trump freigesprochen wird. Für eine Amtsenthebung müsste eine Zweidrittelmehrheit von 67 Senatoren für mindestens einen der beiden Anklagepunkte stimmen. Das ist nicht absehbar.

Trump und einige seiner Unterstützer wollen mit der republikanischen Mehrheit im Senat dem Verfahren möglichst rasch ein Ende bereiten und gar nicht erst neue Zeugen aufrufen. Für eine Abstimmung, um die Vorwürfe gegen Trump sofort abzuschmettern, fehlen der republikanischen Führung aber trotz Mehrheit die Stimmen. Mehrere Republikaner wie Mitt Romney und Susan Collins setzen sich gemeinsam mit den Demokraten dafür ein, dass auch Zeugen vorgeladen werden.

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