Inhaftierung von Demokratie-Aktivisten: Tausende Hongkonger protestieren

In Hongkong ist der junge Aktivist Joshua Wong zu sechs Monaten Haft verurteilt worden. Menschen in der Sonderverwaltungszone reagieren mit Wut.

Chinesen in Gefängnisuniformen drängen sich protestierend auf der Straße

In Gefängnisuniformen demonstrieren wütende Hongkonger gegen die Inhaftierung von Joshua Wong Foto: reuters

HONGKONG dpa | Aus Protest gegen Haftstrafen für Joshua Wong und andere Demokratieaktivisten sind in Hongkong Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Ein langer Protestmarsch zog sich am Sonntag durch das Zentrum der Millionenmetropole. „Lasst die politischen Gefangenen frei“, riefen Menschen im Chor. Viele Demonstranten spannten Regenschirme auf – das Symbol der vor drei Jahren von Wong initiieren Demokratieproteste, die damals über Wochen Teile der Stadt lahmgelegt hatten.

Während die Polizei die Zahl der Teilnehmer auf etwa 22.000 bezifferte, sprachen einige Veranstalter von der größten Demonstration seit den „Regenschirm-Protesten“.

Die Massendemonstrationen, die 2014 weltweit für Schlagzeilen sorgten, waren die größte Herausforderung für Chinas kommunistische Führung in der früheren britischen Kronkolonie seit deren Rückgabe 1997. Die Proteste hatten sich an Beschlüssen Pekings entzündet, 2017 zwar erstmals eine direkte Wahl in Hongkong zu erlauben, den Wählern aber eine freie Nominierung der Kandidaten zu verweigern.

Der 20 Jahre alte Aktivist wurde nach der Organisation der prodemokratischen Massenproteste zunächst wegen „illegaler Versammlungen“ zu Sozialstunden verurteilt. Die Anklage legte jedoch Berufung ein. Am vergangenen Donnerstag wurde dann das Strafmaß auf ein halbes Jahr Gefängnis erhöht. 15 weitere Aktivisten wurden in ähnlichen Verfahren ebenfalls zu Haftstrafen verurteilt – was bei Menschenrechtlern für einen Aufschrei sorgte und als weiterer Hinweis verstanden wurde, dass Pekings seinen Einfluss auf sein Sonderverwaltungszone weiter ausbaut.

„Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz“

Auch die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), kritisierte das Urteil gegen Wong und seine Mitstreiter. „Das Urteil sendet ein negatives Signal gegen Meinungsfreiheit, wir sehen die Gefahr einer abschreckenden Wirkung für politisches Engagement in der Sonderverwaltungsregion Hongkong“, teilte Kofler mit. „Besonders besorgt sind wir über die dezidiert politischen Formulierungen der Urteilsbegründung, die Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz aufkommen lassen.“

Seit dem 1. Juli 1997 gehört Hongkong wieder zu China, wird aber nach dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ regiert. Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass die mehr als sieben Millionen Hongkonger für 50 Jahre bis 2047 „ein hohes Maß an Autonomie“ und viele Freiheiten genießen.

Beobachter warnten zuletzt immer wieder, dass die Zentralregierung in Peking zunehmend versuche, die Kontrolle an sich zu ziehen. Neben dem harten Vorgehen gegen die Protestbewegung, sorgte zuletzt auch eine ungewöhnlich scharfe Rede von Chinas Präsident Xi Jinping für Verunsicherung. Darin warnte er in Anspielung auf pekingkritische Proteste vor einer „roten Linie“. Die Sicherheitsgesetze der Stadt müssten gestärkt werden. Zudem forderte der Präsident eine „patriotische Erziehung“ für Hongkonger.

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