Inlands-Geheimdienst: Hamburg lässt sich das Schnüffeln was kosten

Die Linkspartei hält den Verfassungsschutz in Hamburg für überdimensioniert. Das Budget unterliegt keiner Kontrolle der Bürgerschaft. Die Linke erwägt Verfassungsklage.

Teure Schnüffler: In keinem anderen Bundesland zahlt der Steuerzahler so viel für den Verfassungsschutz wie in Hamburg. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Linkspartei geht dem Hamburger Verfassungsschutz an den Kragen - besser gesagt ans Budget. "Der Hamburger Verfassungsschutz ist teuer und unkontrolliert wie kein anderer", sagt die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft, Christiane Schneider. "So darf sich Hamburg als Hauptstadt der verdeckten Ermittler und V-Leute bezeichnen."

In keinem anderen Bundesland sei das pro-Kopf-Aufkommen für den Inlandsgeheimdienst so hoch wie in der Hansestadt, sagt Schneider. 6,74 Euro zahle der Hamburger Steuerzahler jährlich für das Landesamt für Verfassungsschutz, das sei mehr als doppelt so viel wie in der vergleichbaren Hauptstadt Berlin. Auch der Stadtstaat Bremen liege mit 3,62 Euro weit unter dem Hamburger Niveau, sagt Schneider. Der Durchschnitt der Bundesländer liege bei 2,34 Euro.

Auch der tatsächliche Haushalt liege mit 12 Millionen Euro weit über dem Budget des größeren Berlins. "Wenn uns keine wichtigen Gründe genannt werden, kann beim Etat gespart werden", sagt der haushaltpolitische Sprecher der Linkspartei, Joachim Bischoff.

Die Linke sieht zudem erhebliche Defizite bei der Kontrolle des Haushaltes. In Hamburg entscheide der Verfassungsschutz über seinen Haushalt maßgeblich selbst, so dass die finanzielle und personelle Ausstattung mit 154 Stellen im Vergleich zu anderen Bundesländern "überdimensioniert" sei, moniert die Linkspartei. Erst kürzlich ist bekannt geworden, dass 200.000 Euro zusätzliche Investitionskostenzuschüsse benötigt werden, um im Bereich der "G 10 Technik" (Telefonüberwachung) im Verbund mit Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein Überwachungstechnik zu unterhalten.

Der Verfassungsschutz-Etat, so Schneider, werde lediglich dem zu Vertraulichkeit verpflichteten "Parlamentarischen Kontrollausschuss", dem die Linke und die FDP anders als in vielen anderen Bundesländer nicht angehören, detailliert zur Kenntnis gegeben - aber weder diskutiert noch gebilligt. Die Bürgerschaft werde gänzlich umschifft. "Das verstößt gegen die Hamburgische Verfassung", sagt Schneider. "Wir erwägen nun eine Verfassungsklage vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht, wenn sich substanziell nichts ändert".

In Hamburg ist der Verfassungsschutz in den vergangenen zehn Jahren stetig gewachsen.

Das Budget stieg von 9,1 Millionen Euro in Jahre 2000 auf 12 Millionen Euro im Jahr 2010.

Das Personal ist von 125 Mitarbeiter (2000) auf 154 Stellen im Jahr 2010 aufgestockt worden.

Der Steuerzahler zahlt in Hamburg jährlich 6,74 Euro für den Inlandgeheimdienst. In Niedersachsen sind es nur 2,12 Euro und in Bremen 3,62 Euro

Die Personalstärke in Hamburg wird damit begründet, dass Verwaltungstätigkeiten im Hause gemacht werden, die andere Verfassungsschutzämter in andere Behörden outgesourct haben.

Denn in der Verfassung stehe, dass alle Einnahmen und Ausgaben für jedes Jahr veranschlagt im Haushaltsplan eingestellt werden müssen. "Der Haushaltsplan wird vom Senat für je ein Rechnungsjahr der Bürgerschaft vorgelegt und durch Beschluss der Bürgerschaft festgestellt", steht in der Verfassung.

Das Hamburgische Verfassungsschutzgesetz ist 2010 durch den Passus "Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Senats auf dem Gebiet des Verfassungsschutzes" novelliert worden. Danach gebe es keinen Paragraf, der Informationsrechte der Bürgerschaftabgeordneten einschränke, sagt Schneider, aber auch keinen Passus, der den Kontrollausschuss ermächtigt, den Etat zu beraten. Im Verfassungsschutzgesetz werde dem Rechnungshof nur auferlegt, finanzielle Beanstandungen - die von der Innenbehörde als "geheimzuhaltende Angelegenheiten" eingestuft werden - nicht dem Kontrollausschuss zu melden, sondern nur der Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit und Bürgermeister Olaf Scholz.

Solange die verfassungsrechtlich verankerten Informationsrechte der Bürgerschaftsabgeordneten nicht gesetzlich eingeschränkt werden - wie es im Bundestags durch das Vertrauensgremium des Haushaltsausschusses der Fall sei - haben die Bürgerschaftsabgeordneten das Recht, den Haushaltsplan des Verfassungsschutz einzusehen, um ihn zu beraten, zu modifizieren und zu beschließen, so das Fazit von Schneider.

Verfassungsschutzchef Manfred Murck wehrt sich gegen den Pauschalangriff der Linkspartei. Hamburg sei eine Großstadt mit aktiven politischen Szenen, die eben beobachtet werden. Es sei auch nicht korrekt, das Landesamt dafür haftbar zu machen, was der Gesetzgeber nicht geregelt habe. "Es spricht nichts dagegen, die Regelungslücke zu schließen", sagt Murck.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.