Innenausschuss zur Bamf-Affäre: Die Sicht der Beschäftigten

Der Vorsitzende des Bamf-Gesamtpersonalrats steht Rede und Antwort. In einer zweiten Runde werden Amtschefin Cordt und ihre zwei Vorgänger befragt.

Schild des Bamf

Bamf unter Dampf Foto: dpa

BERLIN taz | Weitgehend unbemerkt betritt Rudolf Scheinost am Freitagmorgen um kurz vor acht Saal 2.200 des Paul-Löbe-Hauses im Berliner Regierungsviertel. Die Fernsehkameras vor der Tür sind auf die PolitikerInnen gerichtet, die vor der zweiten Sondersitzung des Bundestagsinnenausschusses routinemäßig ihre Statements abgeben.

Dabei ist Scheinost an diesem Freitagmorgen die Hauptperson. Der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wird – auf Vorschlag der Grünen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit – von den Abgeordneten zur Sicht der Beschäftigten auf die Lage in der Behörde befragt.

Es scheint eine aufschlussreiche Schilderung gewesen zu sein. Scheinost habe, heißt es anschließend von PolitikerInnen verschiedener Fraktionen, vom Absenken der Standards und Qualitätsdefiziten im gesamten Bundesamt gesprochen, die auf Strukturdefizite zurückzuführen seien. „In diesem Sinne scheint Bremen überall zu sein“, so der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster.

Das gelte ausdrücklich nicht vor die Vorwürfe gegen die Leiterin der Bremer Außenstelle des Bamf, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelt. Der Verdacht, in Bremen könnten in etwa 1.200 Fällen Asylanträge positiv beschieden worden sein, obwohl die rechtliche Grundlage dafür fehlte, hatte die aktuelle Affäre um das Bundesamt ausgelöst. Nach einem Medienbericht sieht die Innenrevision des Bamf die Vorwürfe gegen die Bremer Amtsleiterin inzwischen als erwiesen an.

Scheinost habe ausgeführt, die Vorgabe Quantität vor Qualität habe in der ganzen Behörde gegolten, sagte die Grüne Luise Amtsberg nach der Sitzung. Insbesondere gegen Ex-Bamf Chef Frank-Jürgen Weise soll der Arbeitnehmervertreter ausgeteilt haben. Das ist nicht neu. Schon Ende 2015 hatten Personalräte in einem Brief die Abkehr von rechtsstaatlichen Prinzipien bei den beschleunigten Asylverfahren für bestimmte Flüchtlingsgruppen kritisiert.

Am Nachmittag geht es weiter

Weise hatte im Herbst 2015 die Leitung des Bamfs übernommen und zwecks Effizienzsteigerung Unternehmerberater durch die Behörde geschickt. Allein McKinsey hat für Beratungen nach Angaben des Innenministeriums 42,6 Millionen Euro kassiert, hinzu kommen acht andere Anbieter. Einer davon: Weise selbst. Er hat so 83.000 Euro verdient.

Auch das wird wohl Thema bei dem zweiten Teil der Sondersitzung des Bundestagsinnenausschusses am Nachmittag sein. Seit 14 Uhr werden die aktuelle Bamf-Chefin Jutta Cordt und ihre Vorgänger Weise und Manfred Schmidt den Innenpolitikern Rede und Antwort stehen. Weise hatte bereits im Vorfeld Schuldzuweisungen an seinen Vorgänger weitergereicht.

Frank-Jürgen Weise

„Das Ansteigen der Flüchtlingszahlen wurde zu spät bemerkt, da es kein Controlling gab“

Die Probleme des Bamfs seien auf mangelnde Weitsicht früherer Verantwortlicher zurückzuführen. „Das Ansteigen der Flüchtlingszahlen wurde zu spät bemerkt, da es kein Controlling gab“, sagte Weise.

Die Grünen betonten, es müsse auch um die politische Verantwortung gehen. Jahrelang habe sich das Innenministerium, stets in der Hand Union, trotz massiver Alarmsignale „aus ideologischer Verbohrtheit“ nicht um das Bamf gekümmert, kritisierte der grüne Fraktionsvize Konstantin von Notz. Dabei seien seit 2012 die Flüchtlingszahlen angestiegen.

De Maiziere und Altmaier am Freitag

Am kommenden Freitag sollen der ehemalige Innennminister Thomas de Maiziere und Ex-Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier (beide CDU) vom Ausschuss befragt werden.

Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka erwartet, dass der Ausschuss bereits am Abend erste Konsequenzen fordern wird. Welche das sein könnten, sagte er nicht. Linda Teuteberg von der FDP sagte, es sei zu früh, abschließende Bewertungen vorzunehmen und sprach sich serneut für einen Untersuchungsausschuss aus.

Den will auch die AfD. CDU-Mann Schuster aber preschte vor. „Gewaltige Veränderungen“ im Bundesamt seien angezeigt, so der Innenpolitiker. Zudem müssten Asylbescheide „in Reihe“ überprüft werden. „Das Thema Widerrufsprüfung wird vielleicht bald das zentrale Thema im Bamf sein.“ Die Grünen dagegen sprachen sich für Stichproben aus und fordern, das Bamf besser auszustatten.

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