Integrationsindikatoren fehlen: Die Tücken der Integration

Berlin ist stolz auf das eigene Integrationsgesetz und -konzept. An der Umsetzung hapert es allerdings.

Wenn die Indikatoren fehlen, wird es schwierig mit dem Durchblick: Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD). Bild: dapd

Ganz vorne in Sachen Integrationspolitik – so sieht man sich in der Bundeshauptstadt gern. Schließlich hat sich Berlin 2010 als erstes Bundesland ein eigenes Integrationsgesetz gegeben. Und schon 2007 in einem Integrationskonzept mehr als 40 Indikatoren beschlossen, mit denen integrationspolitische Erfolge gemessen werden sollen.

Hinterher hinkt der Senat allerdings bei der Realisierung seiner Vorsätze: Nicht nur ist der erste Bericht über die Umsetzung des Integrations- und Partizipationsgesetzes noch nicht erfolgt, der dem Abgeordnetenhaus zum Jahresende 2011 erstattet werden sollte. Auch liegen zu einem guten Viertel der 2007 beschlossenen Integrationsindikatoren bis heute keine Daten vor.

Das geht aus den Antworten der Senatsintegrationsverwaltung auf mehrere Anfragen der Grünen-Abgeordneten Susanna Kahlefeld, Sprecherin für Partizipation und Gleichbehandlung von MigrantInnen der Fraktion, hervor. Demnach wird etwa der Anteil von Lehrer- und ErzieherInnen mit Migrationshintergrund bisher ebenso wenig erhoben wie die Zahl der Bezirksverordneten und Abgeordneten mit Einwanderungsgeschichte. Auch wie viele AusländerInnen in Berlin Opfer von Straftaten werden, wird nicht erfasst.

Dabei hatte der damals noch rot-rote Senat 2007 auch Fristen festgelegt, innerhalb deren die Indikatoren implementiert, also die Erfassung der entsprechenden Daten ermöglicht werden sollte. Spätester Zeitpunkt: das Ende der Legislaturperiode. Das war im Oktober 2011.

Um eine Antwort auf Kahlefelds Anfrage, aus welchen Gründen die Indikatoren trotzdem noch nicht erfasst werden, drückt sich die Integrationsverwaltung in ihrer schriftlichen Stellungnahme. Die Daten würden „derzeit in Berlin nicht erhoben“, heißt es da schlicht. Farhad Dilmaghani (SPD), Staatssekretär in der Senatsverwaltung, erklärt auf Nachfrage der taz, die nötigen „datenrechtlichen Vereinbarungen“ als Grundlage der Erfassung seien „noch nicht erarbeitet worden“. Und in der Senatsschulverwaltung heißt es, LehramtsanwärterInnen oder LehrerInnen dürften persönliche Fragen wie die nach dem Migrationshintergrund gar nicht gestellt werden, solange es dafür keine rechtliche Basis wie etwa eine Verwaltungsvorschrift gebe.

Dass für diese Abfragen „der rechtliche Rahmen geschaffen werden muss und dass das kompliziert wird, war allen Beteiligten schon bei der Beschlussfassung vor mittlerweile immerhin fünf Jahren klar“, sagt Susanna Kahlefeld: „Ich glaube, es ist seither einfach nichts passiert.“ Dass es Versäumnisse gab, räumt auch Dilmaghani ein: Die Erarbeitung der nötigen Rechtsgrundlagen werde „eine Aufgabe in dieser Legislaturperiode sein, um die Verzögerungen der letzten Legislaturperiode aufzuarbeiten“.

Nur fürs Papier

Warum der Senat bei der Umsetzung eigener Beschlüsse so wenig Elan zeigt, liegt für Kahlefeld auf der Hand: Es sei eben leicht, „Integrationspolitik auf dem Papier“ zu machen: „Das liest sich gut, man erntet Lorbeeren dafür, und dann kümmert man sich nicht mehr“, so die Grüne. „Wir erwarten, dass die Zuständigen sich jetzt endlich daransetzen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.