Interaktive Grafik zu FDP-Finanzen: FDP Inc.

Die Liberalen haben ein riesiges Firmengeflecht aufgebaut, über das Geld in die Partei fließt. Wir beleuchten das Netzwerk und seine zentralen Player.

Klicken Sie sich durch die interaktive Grafik, um mehr Informationen über die Firmen und Figuren im Netzwerk der FDP zu bekommen:

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Von Julia Amberger und Mathew D. Rose

Ende der 1980er brach eine kleine Gruppe von FDP-Männern zum Skifahren ins schweizerische Zermatt auf: unter ihnen auch der Generalbevollmächtigte der Partei, Walter Eschweiler. Es ging nicht nur ums Skifahren. Eschweilers Ziel war es, die Wirtschaftsakteure der Partei und deren Umfeld zusammenzubringen. Die Finanzen der FDP sollten renoviert werden.

Zuvor hatte die Partei ihre undurchsichtige und verlustbringende Unternehmensgruppe abgewickelt und war deren Gesellschafter und Geschäftsführer losgeworden. Jetzt sollte eine Arbeitsgruppe FDP-Finanzen gebildet werden, die Eschweiler „Interessengemeinschaft Liberalismus" (IGL) taufte. Motto: Alles dient der Partei.

Bei den Treffen, die von nun an regelmäßig stattfinden sollten und nach Arosa in Graubünden führten oder nach Gstaad im Berner Oberland, waren auch der frisch gekürte FDP Bundesschatzmeister Hermann Otto Solms, Vertreter der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung und ihrer Tochtergesellschaft Comdok dabei.

In dem Vierteljahrhundert seit ihrer Entstehung sind die Mitglieder dieser Interessengemeinschaft Liberalismus zu den Herren über die FDP-Finanzen geworden. Auch wenn wenige ihn kennen, übt der Männerbund um den Generalbevollmächtigten Walter Eschweiler enorme finanzielle Macht aus.

Motto der IGL: Alles dient der Partei

Die Treffen der Interessengemeinschaft hätten trotz freizeitorientiertem Rahmenprogramm „berufsbezogenen, professionellen Charakter" und dienten dem „freundschaftlichen Austausch politischer Vorhaben", teilt die FDP dazu mit.

Über die Jahre baute Eschweiler ein neues, noch größeres Firmengeflecht auf, als es die Unternehmensgruppe seiner Vorgänger gewesen war.

Das FDP-Firmennetzwerk bezog Geld von Bundesministerien, Unternehmen, Verbänden, Lobbyisten, von FDP-Fraktionen im Bundestag und den Landesparlamenten, von der Friedrich-Naumann-Stiftung. Das Geld gelangte oft über komplizierte Kanäle auf die Konten der Partei.

Immer wieder ist über die Vorgänge in diesem Netzwerk berichtet worden, vor allem vom WDR-Magazin „Monitor" und vom Stern. Die taz hat eigene Recherchen und diese Berichte zusammengetragen, um eine Übersicht über das komplexe Finanzgeflecht der FDP zu geben.

Beispiel 1 - Comdok: Ein Kanal im Unternehmensgeflecht der FDP heißt Comdok. Motto auf der Internetseite: „Comdok. Die Leistungs-Gesellschaft". Die „Comdok Gesellschaft für computergesteuerte Materialwirtschaft, Datenverarbeitung, Organisation und Kommunikation mit beschränkter Haftung" mit Sitz in Sankt Augustin bei Bonn gehört seit 1985 zu 95 Prozent der Friedrich-Naumann-Stiftung.

Es ist nicht einfach, das herauszufinden, weil zunächst einmal Klaus Floto, auch einer der Herren von der Interessengemeinschaft Liberalismus, beim Handelsregister Siegburg als Gesellschafter eingetragen ist. Man muss in den Comdok-Akten 27 Jahre zurückblättern, um den Hinweis zu finden, dass Floto als Treuhänder der Stiftung fungiert und die Stiftung der eigentliche Eigentümer ist.

Die FDP zählt zusammen mit der Stiftung seit Langem zu den wichtigsten Kunden von Comdok. Laut Recherchen des ARD-Magazins „Monitor" und des Sterns erwarb Comdok Anfang 1999 für rund 640.000 Euro einen 35-prozentigen-Anteil an der heutigen Universum GmbH der FDP. Die Partei war nach der verlorenen Bundestagswahl im Jahr 1998 in Geldnot und dankbar für die dringend benötigte Liquidität. Wer konnte schon vermuten, dass sich hinter dem Comdok-Gesellschafter Floto die „parteiunabhängige" Friedrich-Naumann-Stiftung befand?

Rückkaufpreis scheint zu niedrig

Ende 2002 wurde diese Partnerschaft mit Comdok beendet. Die FDP erwarb den Anteil für 716.000 Euro von Comdok zurück. Gemessen an der bedeutend gestiegenen Liquidität des Unternehmens scheint der Rückkaufpreis zu niedrig. Die Transaktion verhalf der FDP indirekt zu viel Geld. Vorteilhaft für die FDP, jedoch nicht für Comdok beziehungsweise die Friedrich-Naumann-Stiftung. Unzulässige, finanzielle Unterstützung der Stiftung für die FDP?

Nach mehr als 20 Anfragen der taz an beteiligte Akteure und Organisationen erklärt ein Pressesprecher der FDP „namens aller von Ihnen angesprochenen Personen", die Partei habe schon „umfassende Antworten" auf ihrer Internetseite geliefert und werde zu den Komplexen nicht noch einmal Stellung nehmen.

Der Vorwurf „einer illegalen Parteienfinanzierung wäre schon deshalb unsinnig, weil die Comdok als Beteiligungsvermögen der Friedrich-Naumann-Stiftung einen erheblichen finanziellen Gewinn aus dieser Transaktion gezogen hat", teilt die FDP auf ihrer Webseite mit.

Ein reiner IGL-Geschäft

Man muss sich die Akteure genauer ansehen, dann wird das System IGL klar. Beim Verkauf der Comdok-Anteile 1999 war der Verkäufer für die FDP Gunter Krüger; er war nicht nur FDP-Treuhänder, sondern auch IGL-Mitglied und Walter Eschweilers Geschäftspartner.

Käufer seitens der Comdok war ihr Geschäftsführer Hans Dieter Rapsilber, auch ein IGL-Mitglied. Hinter ihm stand Comdok-Treuhänder Klaus Floto, ebenfalls von der einst beim Skifahren gegründeten Interessengemeinschaft Liberalismus.

Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Friedrich-Naumann-Stiftung war Rolf Berndt, vorher FDP-Geschäftsführer, der auch zur IGL zählte. Der Wirtschaftsprüfer von Comdok war IGL-Mitglied Heinz-Wilhelm Bühler. Beim Rückkauf 2002 hatte sich die Konstellation nicht verändert. Ein reines IGL-Geschäft. Alles dient der Partei.

Beispiel 2 - Eschweiler & Partner: Einen anderen Finanzkanal schuf Walter Eschweiler höchstpersönlich. Mit einem ehemaligen Mitglied der DDR-Blockpartei LPDP, dem IGL-Mann Krüger, gründete er 1995 die Firma Eschweiler & Partner. Eschweiler hält heute noch mehr als 50 Prozent der Anteile.

Wesentliche Kunden von Eschweiler & Partner sind dem Firmenportal zufolge die FDP und die Friedrich-Naumann-Stiftung. Unter anderem verwaltet die Firma die Immobilien beider Organisationen. Wenn man auf dessen Onlineseite die Liste der Mitarbeiter vom Liberalen Partei Service LiPs der FDP, der die Partei bei ihren Verwaltungsausgaben unterstützt, mit der Mitarbeiterliste auf dem Internetportal von Eschweiler & Partner vergleicht, stellt man fest: Sämtliche LiPs-Mitarbeiter sind auch Beschäftigte bei Eschweiler & Partner.

Beispiel 3 - Universum Kommunikation und Medien AG: 2010 wurde Eschweilers Flaggschiff, die Gruppe Universum Kommunikation und Medien AG, gegründet, an der die FDP und der Medienunternehmer Siegfried Pabst mit jeweils 50 Prozent beteiligt sind. Die Kunden: FDP, Bund und Länder, Verbände, Unternehmer, Lobbyisten, die Arbeitsgemeinschaft Jugend und Bildung und die Friedrich-Naumann-Stiftung. Trotz all dieser Kunden verbuchte die Firma am Ende des Jahres einen Verlust von fast einer Million Euro und war überschuldet.

Beispiel 4 - ProLogo GmbH: Eschweilers FDP-Unternehmensimperium wuchs weiter, genau wie der Geldbedarf der Partei. Dann trat Paul Gauselmann auf den Plan - einer der wichtigsten Glücksspielunternehmer Deutschlands, CDU-Mitglied und bekannt als großzügiger Spender für viele Parteien. Die Geldkanäle zwischen FDP und Gauselmann funktionierten acht Jahre lang, bis das Fernsehmagazin „Monitor" 2012 alles öffentlich machte.

Gauselmann setzte einen Vertrauten als Treuhänder ein: Herbert Schlottmann, Finanzvorstand der Gauselmann-Stiftung. 2004 erwarb Schlottmann für Gauselmann einen 20-prozentigen-Anteil für 450.000 Euro an der ProLogo Gesellschaft für Veranstaltungsorganisation mbH, die bis dahin der FDP-Holdingfirma LIBERAL Vermögensverwaltungs GmbH - Geschäftsführer: Walter Eschweiler - gehörte.

Viele Einkünfte, die die Partei in ihrem Rechenschaftsbericht hätte ausweisen müssen, muss die rechtlich unabhängige ProLogo nie preisgeben: zum Beispiel für Stände von Unternehmen bei Parteitagen und andere Sponsoringgelder. Auch nicht, was aus dem Geld geworden ist.

Auffällig hohe Sponsorenbeiträge

Was alles möglich ist, fand das Nachrichtenmagazin Spiegel heraus. 2006 hatte ProLogo sechs Rechnungen an die Lobbyingfirma politikerscreen für „Sponsorenbeiträge" gestellt. Merkwürdig war, wie wenig ProLogo für relativ viel Geld leisten musste: Für das Auslegen etwa von 350 Broschüren und Logowerbung bei einem Empfang kassierte die FDP-Tochter mehr als 38.000 Euro.

Doch damit hörten die Merkwürdigkeiten nicht auf. Alle sechs Rechnungen kamen zusammengerechnet auf genau 100.000 Euro netto und wurden am selben Tag, lange vor der sehr überschaubaren Gegenleistung, gestellt.

Die Deutsche Telekom wiederum ist einer der wichtigsten Kunden der Firma politikerscreen. Der Verdacht: Über die Zahlungen von politikerscreen versucht die Telekom die Deregulierung des deutschen Telekommunikationsmarktes zu bremsen. Der damalige FDP-Vorsitzende Westerwelle, behauptete der Spiegel, setzte sich entsprechend ein.

Dass Gauselmanns Treuhänder Schlottmann 450.000 Euro für einen 20-prozentigen-Anteil von ProLogo zahlte, die seit ihrer Entstehung kaum Gewinn machte, ist schwer nachzuvollziehen. Trotzdem legte Schlottmann im Jahr 2007 202.500 Euro für eine weitere Beteiligung an ProLogo von 9 Prozent nach.

Beispiel 5 - altmann-druck: 2007 kaufte der Treuhänder Schlottmann rund 20 Prozent der FDP-Druckerei altmann-druck für 700.000 Euro. Schlottman zahlte dazu weitere 600.000 Euro als Kapitalerhöhung. Wenige Monate später fand eine weitere Transaktion statt. altmann-druck konnte Dank Gauselmanns frischer Liquidität die Immobilie, auf der der Betrieb stand, von der FDP für rund 1,1 Millionen Euro erwerben. 550.000 Euro flossen sofort an die FDP als Teilzahlung.

Doch der Kaufpreis der Immobilie war, da in der Zwischenzeit die Immobilienblase in Berlin geplatzt war, viel zu hoch: Laut dem Gutachterausschuss des Landes Berlin betrug dieser Kaufpreis rund das Doppelte des in der Gegend üblichen Werts. Durch die Teilzahlung an die FDP benötigte die Druckerei wieder frisches Kapital. Schlottmann/Gauselmann gaben Ende 2007 ein Darlehen von 500.000 Euro an altmann-druck.

Glücksspielunternehmer investiert in FDP-Druckerei

In knapp vier Jahren, fand „Monitor" heraus, waren 2.452.500 Euro von Schlottmann/Gauselmann an die FDP und Unternehmen, an denen sie mehrheitlich beteiligt war, geflossen.

Gauselmanns FDP-Beteiligungen liefen erwartungsgemäß schlecht. Ende 2011 war ProLogo bilanziell überschuldet. Gauselmanns 652.500 Euro waren damit kaum mehr etwas wert. Eine Ursache waren die hohen Gewinnausschüttungen von 283.334 Euro, die ProLogo an die FDP ausgezahlt hatte. Diese Summe entspricht laut den aktuellsten zugänglichen Zahlen aus 2011 fast den Verbindlichkeiten des verschuldeten Betriebs. Er hatte sich verschuldet, um die Ausschüttungen zu finanzieren.

Paul Gauselmann teilt auf taz-Anfrage mit, er wolle zu diesem Komplex keine weiteren Fragen mehr beantworten.

Gauselmann erhält erbärmliche Rendite

Seit dem Einstieg von Gauselmann bei der altmann-druck GmbH im Jahr 2007 sah die Wirtschaftslage kaum besser aus. In den ersten vier Jahren von Gauselmanns Beteiligung - und nur dazu gibt es öffentlich zugänglichen Zahlen - erzielte altmann-druck einen Gewinn von lediglich 65.000 Euro, 2010 und 2011 gab es sogar massive Verluste. Als Ausschüttung hat Gauselmann bisher 12.000 Euro erhalten, also eine erbärmliche Rendite.

2011 musste man irgendwie mit der negativen Berichterstattung über die Achse FDP/Gauselmann umgehen. Gauselmanns medienscheuer Treuhänder Schlottmann war ausgestiegen, nachdem seine Rolle im Geschäft öffentlich wurde. Dafür sprang IGL-Mann Klaus Floto als Gauselmanns Gesellschafter ein. Floto, ein Buchhaltertyp, kannte kaum einer.

Anfang 2013, als der Wahlkampf sich näherte, gab die FDP bekannt, dass sie ihre umstrittene Geschäftsbeziehung mit dem Glücksspiel-Automaten-Hersteller Gauselmann gelöst habe.

Trennung von Glücksspielunternehmer

Die Trennung scheint den Liberalen aber nicht geschadet zu haben. Im Gegenteil: Eine Tochtergesellschaft von Gauselmann erwarb FDP-Anteile von altmann-druck für 1,56 Millionen Euro, gleichzeitig kaufte die FDP Gauselmanns Anteil an ProLogo für 696.000 Euro. Wenn man Kauf und Verkauf gegenrechnet, bleiben auf der Einnahmeseite der FDP weitere 864.000 Euro von Gauselmann.

Auch nach dem Verkauf an Gauselmann gilt: „Die Firma Altmann Druck GmbH bleibt, solange sie im Wettbewerb besteht, der vorrangige Druck- und Logistik-Partner der FDP Bundespartei und, wie wir annehmen, auch vieler Gliederungen der FDP."

Zusammengerechnet sind zwischen 2004 und 2013 rund 4,2 Millionen Euro von Gauselmann direkt an die FDP und ihre Unternehmen geflossen. Zieht man die 696.000 Euro ab, die die FDP an Gauselmann für ProLogo bezahlte, blieben immer noch rund 3 Millionen Euro bei der Partei. Die Bundestagsverwaltung hat die Vorgänge um Gauselmann und die FDP prüfen lassen und nichts beanstandet.

Sie verließ sich auf ein Gutachten des Wirtschaftsprüfers Heinz-Wilhelm Bühler. Einer der Männer, die bei der Gründung der Interessengemeinschaft Liberalismus Ende der 1980er in Zermatt Ski fahren waren.

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